Leonard Cohens berühmtester Song: Vier Weltstars für ein Hallelujah

Diese Story könnte sich kein Drehbuchautor besser ausdenken: Sie beginnt im tiefsten Tal, nimmt irrwitzige Wendungen und führt in höchste Höhen. Deshalb war es eine grandiose Idee, einen abendfüllenden Film über das Lied "Hallelujah" zu machen.
Es ist inzwischen das mit Abstand bekannteste Stück des großen Leonard Cohen, wird auf gefühlt jeder zweiten Hochzeit gesungen und in aller Welt geliebt. Doch am Anfang seiner Geschichte stand die größte Demütigung in der Karriere des kanadischen Sängers, Songwriters und Poeten.
Leonard Cohen feilt jahrelang an "Hallelujah"
Jahrelang hatte er mühevoll an dem Lied gefeilt, wie an vielen seiner Stücke. "Der erste Gedanke ist der beste? Das hat bei mir nie funktioniert", sagt er im Film lakonisch. Mitte der Achtziger hatte er "Hallelujah" dann endlich fertig, nahm es für sein Album "Various Posi-tions" auf. Dann bat ihn Walter Yetnikoff in sein Büro.
Der berüchtigte Boss von CBS rezensierte erstmal Leonard Cohens Anzug, wie der in einer Talkshow erzählte, dann war das Album dran: Er werde es in den USA nicht veröffentlichen, sagte Yetnikoff. Wieso? Er möge die Abmischung nicht. "Wenn es daran scheitern sollte, dann mischen Sie es doch selbst", konterte Cohen cool.
Es half nichts: CBS hatte das Album samt "Hallelujah" zwar finanziert, brachte er aber nicht heraus.
Durch Jeff Buckley wurde "Hallelujah" berühmt
Mit Mühe fand Cohen ein winziges Label für das Album, doch dort ging es unter. Nur wenige Menschen hörten es, darunter aber einer, der von Songs etwas versteht: Bob Dylan nahm "Hallelujah" prompt in sein Live-Programm auf. Das hatte aber keine Folgen, vielleicht, weil er zu der Zeit auch in einem Karrieretief hing.
Als nächster versuchte es John Cale, der das Stück 1991 für ein Tribute-Album aufnahm. Das hörte der noch unbekannte Jeff Buckley, und für sein Debütalbum nahm er die bis heute unerreichte, ätherische Meisterversion des Stücks auf. Die nahmen dann schon mehr Menschen zur Kenntnis, und einen weiteren Schub bekam der Song, als Buckley 1997 im Mississippi ertrank: In unserer seltsamen Welt, die tote Künstler lebenden stets vorzieht, wurden er und "Hallelujah" noch viel berühmter.
Zur weltweit bekannten Hymne wurde der Song aber erst, als er von einem ganz anderen Geschöpf gesungen wurde, dessen Name, Wesen und charakteristische Farbe an dieser Stelle nicht gespoilert werden sollen. Die Folgen zeigt der Film dann auf sehr witzige Weise in schneller Schnittfolge.
"Hallelujah": Universell einsetzbar
Da schmettern Castingshow-Sänger aller Nationen den Song, weinen Bräute Tränen der Rührung, werden Beerdigungen und Gedenkveranstaltungen von "Hallelujah" untermalt. Derart universell einsatzbar wurde der Song aber erst, weil Cohen im Lauf der Jahre neue Strophen gesungen hatte: Auf die sakrale Version folgte eine, nun ja, besonders säkulare. Und als dann Entertainment-Profis die unzüchtigen Passagen kürzten, war der Song vielseitig anschlussfähig.
So spannend diese Geschichte ist: So ganz haben die Regisseure Dayna Goldfine und Dan Geller ihrer Idee dann doch nicht getraut, einen ganzen Film darüber zu machen. Denn außenrum erzählen sie in "Hallelujah: Leonard Cohen, A Journey, A Song" auch Teile der Lebensgeschichte des Kanadiers. Dadurch wird der Film gegen Ende unnötig länglich, ansonsten schadet es aber nicht.
Cohen: "Spüre, dass ich eine große posthume Karriere vor mir habe"
Zumal sie treffsicher viele Ausschnitte wählen, in denen Cohen ungemein lässige Sätze sagt. Sein Zwischenfazit nach dem Debakel mit dem "Various Positions"-Album Mitte der Achtziger, als für ihn alles in Trümmern lag? "Ich spüre, dass ich eine große posthume Karriere vor mir habe."
Das war nicht nur Gag, sondern auch Prophetie, doch auch zu Lebzeiten sollte seine Karriere in späten Jahren höchste Gipfel erreichen. Wie eben auch sein Lied "Hallelujah", das zwischenzeitlich die Plätze 1 (eine Casting-Sängerin), 2 (Jeff Buckley) und 36 (Cohen selbst) der britischen Charts besetzte.
Und auf die Frage, was Cohen angesichts dieses späten Triumphes mit Blick auf Walter Yetnikoff empfinde, gab dieser selten lässige Mensch die einzig richtige, nämlich ehrliche Antwort: "ein Gefühl von Rache".
Die Regisseure präsentieren den Film am 24. Juni um 18 Uhr im Arri und am 15. Juni um 16 Uhr im Rio. Eine weitere Vorstellung ist am 1. Juli um 21 Uhr im Atelier