"Last One Laughing": (Männer)-Witz, komm raus!

Bekannte Schauspieler, ein positives Medienecho und eine Schullektüre als Vorlage. All diese Zutaten hat zum Beispiel die Neuverfilmung von Stefan Zweigs "Schachnovelle" - und konnte zum Kinostart dennoch lediglich 20.000 Zuschauer anlocken. Wie es - nach Umsatz - besser geht, beweist "LOL: Last One Laughing" - und das an nur einem einzigen Abend: Vergangene Woche wurden in 250 Kinos in komplett ausverkauften Häusern nur die ersten zwei Folgen der neuen, zweiten Amazon-Prime-Staffel der Comedy-Serie "LOL" präsentiert. Jetzt kann man sie streamen.
AZ: Frau Engelke, nun ist auf Amazon Prime die zweite Staffel von "LOL - Last One Laughing" zu sehen. Es geht darum, bei all den Faxen und Witzen Ihrer neun Comedy-Kollegen nicht zu lachen. In Staffel eins haben Sie es bis in Runde fünf geschafft. Wie haben Sie seitdem trainiert?
ANKE ENGELKE: Ich hatte mir vorgenommen, zu vermeiden, was mir gefährlich werden kann. Also: Bastian Pastewka, Kurt Krömer und Max Giermann aus dem Weg gehen. Vor denen hatte ich wirklich Angst. Und mit eigenen Nummern nach vorn gehen, mich auch mich konzentrieren, damit ich nicht in Gefahr komme zu lachen. Was auch gefährlich ist, denn wer Spaß an der Arbeit hat, der lacht auch selber gerne mit. So wie Teddy Teclebrhan in Staffel eins, der mit seinem sprechenden Hamster hinters Sofa verschwindet - und selbst lachen muss.
Das funktioniert? Sich sechs Stunden lang aus dem Weg gehen auf den paar Quadratmetern?
Geht alles. Man kann sich auch an den Tisch setzen und einfach still sein: viel Spaß!
Bei wem sind Sie schwach geworden?
Basti war mein großer Angstgegner, weil wir uns seit 25 Jahren kennen, seit der "Wochenshow". Wir sind im Privaten sowohl ernst als auch sehr albern. Das ist so eine berufliche Ehe. Ich weiß, was er einsetzen muss, um bei mir etwas zu triggern - und er weiß das auch!
Über welche Art von Witzen können Sie gar nicht lachen?
Alles, was herablassend ist, sich über andere stellt. Wenn ich solche Witze früher gemacht haben sollte - und das kann passiert sein -, dann war das nicht mit dem Bewusstsein: Ich verletze jetzt jemanden. Sondern: Ich zeige ein Phänomen, eine Verhaltensweise. Das war nie gebunden an Äußerlichkeiten.
Sie sind seit unfassbaren 45 Jahren im TV-Geschäft, hatten Ihren ersten Auftritt mit dem Schulchor mit zehn Jahren in Peter Frankenfelds Sendung "Musik ist Trumpf", mit Heino. Wissen Sie noch, was Sie da gesungen haben?
(singt) "Sing wie die Sonntagskinder, sing so sind wir. Pfeif auf die Sorgen so wie wir." Ich kann die Lieder alle noch. Mit Heino waren das irgendwelche Volkslieder, mal mehr, mal weniger bedenklich. Das hat man aber mit zehn nicht gerafft. Das waren andere Zeiten: "Der Johnny und die Jenny, die reisten um die Welt. Sie haben in Italien sich Folgendes bestellt." Und dann wurde so ein Fantasie-Italienisch gesungen - das könnte heute Menschen irritieren.
Anke Engelke: "Gleichberechtigung? Wir sind auf einem guten Weg!"
Wie hat sich das Frauenbild der Branche gewandelt, Stichwort: "die hübsche Assistentin"?
Das hat sich Gott sei dank echt geändert. Wir sind noch weit von einer Gleichberechtigung und dass Frauen genau so ernst genommen werden wie Männer. Aber wir sind auf einem guten Weg. Es ist viel diverser geworden, was die Frauen-Typen angeht. Wir müssen uns dann mal darüber unterhalten, ob die Männer-Typen divers genug dargestellt werden. Das ist ja ein strukturelles Problem. Männer sind per se lauter, mächtiger, machtorientierter. Keine Frage, es gibt auch Karriereristinnen und Ellbogen-Frauen, aber das Fernsehen, das ich kennengelernt habe, war explizit frauenfeindlich. Da wurde die Kleidung der Assistentinnen bewertet. Hans-Joachim Kulenkampff, den man sicher schätzen kann, hat anzügliche Witze über seine Assistentinnen gemacht. Das war wahnsinnig unangenehm. Das Phänomen gibt es immer noch: dass Männer Frauen reduzieren, dass man den Eindruck hat, sie halten Frauen für zweitklassig.
Als Kinder-Star sind Sie sozusagen in der Ersten Liga eingestiegen. . .
. . .finde ich gar nicht. Ein Kinder-Star ist sehr begabt, sehr ehrgeizig und hat ehrgeizige Eltern. Ich bin das ganz entspannt angegangen. Meinen sogenannten Durchbruch hatte ich mit 30, bei der "Wochenshow". Davor war ich sechs Wochen im Ferienprogramm. Außerdem habe ich keine Drogenkarriere hingelegt, und plötzlichen Auf- und Abstieg gab's auch nicht.
Aber Sie waren bekannt in der Branche. Haben Sie #metoo-Erfahrungen machen müssen?
Nö, das Bewusstsein reift, und man empört sich. Das ist auch gut, man muss sich empören. Ich fange bei mir selbst an: Wie verhalte ich mich denn anderen gegenüber? Bin ich fair, zugewandt, aufmerksam? Will ich mein Ding durchdrücken oder habe ich Lust auf Teamarbeit? Erst wenn ich mir selbst gegenüber kritisch bin, kann ich kommentieren, was andere machen. Ich hinterfrage viel und oft, was ich tue. Und wenn ich ein Ungleichgewicht sehe, hoffe ich, dass ich mich so oft wie möglich äußere und Haltung zeige. Das ist nicht so einfach, weil das ungemütlich ist und Gegenwind kommt.
Anke Engelke: "Ich glaube nicht, dass es einen männlichen Humor gibt"
Sie haben doch das Standing!
Vielleicht ist das auch die Aufgabe. Ich mache das ja nicht für mich. Wenn man schon so lange für die Leute in diesem sogenannten Business arbeiten durfte und die Menschen einen immer wieder ins Wohnzimmer holen, dann hat man schon eine Aufgabe - und wenn es nur ist, dass man verantwortungsvoll mit der eigenen Position umgeht und nicht irgendwas unreflektiert rausblökt. Dass man schon schaut, wo man was sagt.
Gibt es weiblichen und männlichen Humor?
Ich habe oft darüber nachgedacht: Ich glaube nicht. Dann müsste es Witze geben, die man hundertprozentig einem Männer- bzw. einem Frauen-Publikum vorspielen kann. Gibt es aber nicht. Ich bin dem Witz noch nicht begegnet, der explizit für Männer oder Frauen gemacht ist. Finde ich auch gar nicht schlimm. Bedenklich ist, dass bei manchen Witzen das Vorverständnis da ist: Ah, typischer Männer-Humor- und wenn dann eine Frau lacht, heißt es: "Was ist denn das für ein Mannweib!" Oder wenn bei einem "Weiberwitz" ein Mann lacht, dann ist das ein Weichei. Genau da müssen wir ansetzen: Warum wird das so klassifiziert? Warum gibt es diesen Geschlechts-Schwachsinn? Wir müssen uns das angucken, den Blick schärfen. Ich fange da bei mir an, versuche aber, gut gelaunt zu bleiben. Ich möchte nicht, dass Menschen denken, es sei eine Anstrengung, aufmerksam zu sein. Ist es nämlich nicht. Unterm Strich ist es in erster Linie lohnenswert und wird uns das Zusammenleben erleichtern, wenn Menschen sich nicht ausgeschlossen und diskriminiert fühlen.