Kinokritik zum Abba-Film Mamma Mia! Here we go again: Schiffbruch mit Rettungshits

Kino-Fortsetzung wegen des großen Erfolges: "Mamma Mia! Here We Go Again" fällt zwar zu wenig Handlung ein, aber die Musik macht's!
Sie hätte ein Sommernachtstraum werden können, die Fortsetzung des großen Erfolgs von "Mamma Mia", das 2008 mit den Songs von Abba und dem Mutter-Tochter-Gespann Donna (Meryl Streep) und Sophie (Amanda Seyfried) nicht nur Fans der schwedischen Ausnahmetalente begeisterte. Zehn Jahre danach kommt nun mit "Mamma Mia -Here we go again" das Revival. Eine Zeit, die dem Abba-Zauber nichts anhaben kann. Die Songs von Agneta, Benny, Björn und Anni-Frid funktionieren wohl auch noch, wenn wir uns alle nicht mehr mit dem Schiff, sondern per Beamer auf traumhafte griechische Inseln befördern können, so wie die, auf der sowohl der erste als auch der zweite Teil hauptsächlich spielen. Zum Glück. Denn abgesehen vom großen Auftritt weiterer Abba Songs erleidet der Film leider eher Schiffbruch.
Die Story ist sehr schnell erzählt. Der große Schock zu Beginn: Donna Sheridan, die auf der fiktiven Insel Kalokairi ein Hotel betrieben hat, ist tot – ein Verlust nicht nur für ihre Filmtochter Sophie, sondern auch für den Zuschauer. Sophie hat das mütterliche Hotel aufgemöbelt und will es nun feierlich wiedereröffnen, wobei natürlich einiges schief geht. Bill (Stellan Skarsgård) und Harry (Colin Firth) tauchen zunächst nicht auf, Pierce Brosnan alias Sam und Sophies Vater Nummer drei singt wieder – glücklicherweise nur ganz kurz und, zugegeben, solo und ohne Geschrei auch gar nicht so schrecklich wie im ersten Teil. Schlecht sieht es für die Beziehung zwischen Sophie und Sky (Dominic Cooper) aus, denn er weilt in New York und bekommt ein Jobangebot, das er nicht ablehnen will, weshalb die beiden gleich den Abba-Krisensong "One of us" als Duett singen.
Mamma Mia! Am Anfang fehlt die Leichtigkeit
Im ersten Drittel wirkt alles farb- und hoffnungslos, keine Spur von der Leichtigkeit aus Teil eins – wären da nicht die Rückblenden in Donnas wilde 70er-Jahre-Jugend, in denen erzählt wird, wie sie die drei potenziellen Väter ihrer Tochter kennengelernt hat. Die junge Donna wird von Lily James ("Cinderella") lebensfroh und sympathisch gespielt, und auch die Jung-Versionen ihrer Freundinnen Tanya (Jessica Keenan Wynn) und Rosie (Alexa Davies) sind glücklicherweise genauso überdreht-sorglos wie ihre Pendants in der Film-Gegenwart.
Die Freundinnen sind einer der Rettungsanker, die für ein paar echte Lacher sorgen und zugleich den zum großen Teil weniger bekannten Abba-Songs eine Bühne geben: "When I kissed the Teacher" singt James bei einer Rückblende auf die Abschlussfeier statt einer schnöden Rede, "Andante, andante" singt sie, als sie sich auf der griechischen Insel in den jungen Sam verliebt, und tatsächlich, mäßig voranschreitend nimmt die Geschichte ein bisschen Fahrt auf. Als Tanya und Rosie Sophie in der Gegenwart in der Krise mit Sky performancereich raten, nicht zu tief in seine "Angel Eyes" zu schauen, da ist er wieder da, der Mamma Mia Charme.
Abba-Fans werden sagen: Danke für die Musik!
Und dann ist da natürlich noch: Cher. Als Sophies Großmutter Ruby trifft sie erst kurz vor Schluss auf der Insel ein, als alle drei Väter sich nun doch entschlossen haben, an der Eröffnung teilnzunehmen. Sie findet im Eiltempo gefallen an ihrer Enkelin, nebenbei noch heraus, dass sie Ur-Großmutter wird und außerdem ihre Jugendliebe wieder. Die ist Hotelmanager und heißt, wie sollte es anders sein, Fernando – einzig und allein, damit die beiden den gleichnamigen Song mit Feuerwerkshintergrund singen können. Konstruiert, aber auch schön, ebenso wie das Finale, in dem Sophie selbst Mutter wird und die Verbindung zu ihrer eigenen in einem musikalischen Finale feiert, das weckt, wovon Musicals leben: die ganz großen Gefühle. Leider kann nichts davon über die planlose bis nicht vorhandene Story, die teilweise schamlosen Kopien aus Teil eins ("Dancing Queen") und das fast vollständige Fehlen von Meryl Streep hinwegtäuschen.
Für Abba-Liebhaber lohnt es sich dennoch, weil es einige Songs neu oder wieder zu entdecken gibt. Nie mehr als bei diesem Film konnte man sagen: Danke für die Musik.
Kino: Astor Lounge, Cadillac, Cincinnati, Cinemaxx, Sendlinger Tor, Gabriel, Mathäser, Gloria, Solln, Leopold, Rex, Rio, Royal sowie Atelier und Isabella (OmU) sowie Cinema und Museum (OV) B&R: Ol Parker (USA, 114 Min.)