Kinofilm "The Circle" in der Kritik: Lügen im Glashaus
"Teilen ist Heilen“ – dieser Reim hat sich in der digitalen Welt zu einem Mantra entwickelt. In "The Circle“ hallt die Formel tausendstimmig über den schicken Arbeits- und Forschungscampus des gleichnamigen Großkonzerns in der nahen Zukunft.
Aber schon in der Gegenwart verwischen ja für die Kinder des digitalen Zeitalters die Grenzen zwischen realer und virtueller Lebenswelt. Sie nutzen Freiheiten, Bequemlichkeiten und Möglichkeiten eines grenzenlosen, offenen Netzwerks mit vielen digitalen Gemeinschaftstöpfen wie Facebook, Instagram, Snapchat.
Kritik an der digitalen Welt
US-Autor Dave Eggers hat in seinem Bestseller die Nützlichkeit der Vernetzung noch deutlich erhöht und Wege gefunden, mit denen das Internet das Leben noch leichter und effizienter macht. Mit nur noch einer Online-Identität, die sämtliche personenbezogenen Daten jederzeit abrufbar macht, können alle täglichen Internetgeschäfte gesteuert werden.
Aber mit der Vergötterung der digitalen Kommunikation begeben sich die Menschen durch totale Transparenz in eine selbstverschuldete Unfreiheit. Auf diese Prämisse stützt sich die Adaption von James Ponsoldt, der den Roman zunächst brav abfilmt, um dann – dramaturgisch unsinnig – den Überraschungsmoment des Romans schon in der Mitte seines Films zu verschenken und dem Schluss eine andere Wendung zu geben.
Fiktive Fusion von Facebook, Google und Apple
Der erfolgreiche "Circle“, bei dem Protagonistin Mae Holland (Emma Watson) im Kundencenter Anfragen bearbeitet, ist eine fiktive Fusion aus Google, Facebook und Apple, der sämtliche Internet-Dienste zentralisiert hat.
Es ist der angesagteste Arbeitgeber der Welt – mit Glasbüros und Feierabendkonzerten. Hier helfen Tausende Trendsetter, Nerds und Genies zusammen, die Welt besser zu machen, indem sie mit Satelliten die letzten unerschlossenen Orte kartographieren oder mit Implantaten und Ortungschips dafür sorgen, dass Kindesentführungen unmöglich werden. Denn hier soll das Teilen Weltprobleme heilen.
Emma Watsons Figur zu naiv
Aber die hölzerne Inszenierung findet keine Bilder, Figuren oder Dialoge für diese Vision. Selbst am intelligenten Jungstar Emma Watson verliert man bald das Interesse, wenn sie als unbeholfenes Dummchen gezeichnet, dem selbstverliebten Technik-Entertainer (Tom Hanks) zujubelt, der von der Sinnhaftigkeit von Vernetzung und Transparenz predigt.
Überhaupt lässt sie sich, dramaturgisch banal, zu leicht in diese digitale Sekte hineinziehen, die eine sehr vorhersehbare Agenda verfolgt: Menschen zur Preisgabe so vieler Daten wie möglich zu bewegen. Denn "Geheimnisse sind Lügen“.
Regie: James Ponsoldt
Kinos: Cinema, Mathäser, Museum Lichtspiele, Royal
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