Kino-Kritik zu "Fast & Furious 10": Mit Vollgas in die Steinzeit

Als der Drogenbaron Hernan Reyes (Joaquim de Almeida) bei einer wilden Verfolgungsjagd stirbt, sinnt sein Sohn Dante (Jason Momoa) auf Rache. Ende der Geschichte von „Fast & Furious 10“.
Überdrehte Actionszenen und aufgebauschte Familiengeschichten
Der nunmehr zehnte Teil der stumpfen, aber erfolgreichen Boliden-Filmreihe dauert jedoch keine fünf Minuten, sondern knappe zweieinhalb Stunden. Die nicht vorhandene Handlung füllt der 340 Millionen Dollar schwere Blockbuster-SUV aber nicht nur mit überdrehten Actionszenen, die jeder Physik trotzen, sondern mit dem Aufbauschen verhängnisvoller Verwandtschaftsverhältnisse.
Nicht ungeschickt springt Louis Leterrier („The Transporter“), der nach dem plötzlichen Abgang von Justin Lin nun am Regie-Steuer sitzt, dabei zehn Jahre zurück und mitten hinein in die vielleicht packendste Actionsequenz der gesamten Filmreihe: den Safe-Raub in Rio de Janeiro.
Vin Diesel spielt den Macho
In die bekannten Aufnahmen montiert Leterrier die Figur von Dante, der hilflos dabei zusehen muss, wie Macho-Outlaw Dom (Vin Diesel) seinen kriminellen Vater in einen tödlichen Unfall verwickelt. Von nun an will Dante den Vatermörder leiden sehen, indem er ihm das nimmt, was er neben der Leidenschaft für überteuerte Schlitten am meisten liebt: seine Familie.
Dante wird zum Bond-Bösewicht
„Aquaman“ Momoa überzieht seinen gewissenlosen Schurken zum allmächtigen Bond-Bösewicht. Die flamboyante Stilisierung mit wallendem Haar, Schlangenleder-Weste und dreckiger Lache wirkt allerdings eher unfreiwillig komisch als gekonnt. Immerhin ist Dante für das spektakulärste Action-Inferno mitverantwortlich, wenn er eine gigantische Bombe wie eine Flipperkugel durch die Altstadt Roms rollen lässt.
Weibliche Figuren gibt es fast keine
Wie in einer Nummernrevue zappt der Film immer wieder angestrengt von Schauplatz zu Schauplatz, damit neben dem arg dominanten Diesel auch mal die anderen Co-Stars aufs Gaspedal drücken dürfen. Abseits der Strecke bleiben in dem mit seiner ungebremsten Huldigung von Muskel-Machos und Protz-Autos gestrig wirkenden US-Spektakel die weiblichen Figuren.
Begeisterung der Fans wird immer weniger
Während Michelle Rodriguez als Doms lässige Frau Letty noch ein paar schlagkräftige Momente geschenkt bekommt, müssen sich die Oscarpreisträgerinnen Brie Larson (als taffe Agentin Tess), Charlize Theron (als Hackerin Cipher) und Helen Mirren (als Mäzenin Queenie) mit kurzen und austauschbaren Szenen begnügen. Ärgerlich an „Fast & Furious 10“ ist auch der Schluss. Denn es gibt gar keinen. Das finale Duell von Dom und Dante soll erst in den nächsten beiden Teilen stattfinden – wenn bis dahin die immer weniger werdenden Fans der Reihe noch mitmachen.
Kino: Arri, Cincinnati, Cinema (OV), Cinemaxx, Leopold, Mathäser, Museum Lichtspiele (OV), Royal R: Louis Leterrier (USA, 141 Min.)