"Kino der Kunst": Wie wirklich ist die Fiktion?

München - Fake News" und "alternative Wahrheiten" sind neuerdings in aller Munde und auch "Kino der Kunst" kreist heuer um das Verhältnis von Wirklichkeit und Fiktion.
Das Festival geht vom 19. bis 23. April in die dritte Runde. Vier Tage lang laufen über 30 Filme von 19 Künstlern im internationalen Wettbewerb.
Wiederum wählt eine hochkarätige Jury (Schauspielerin Nina Hoss, Kameramann Ed Lachman, Filmemacher Alain Fleischer, der kanadische Künstler Tony Brown) die Gewinner der insgesamt mit 25.000 Euro dotierten Preise aus. Darüber hinaus gibt es einen Projekt-Pitch (10 000 Euro) für junge Filmkünstler bis 35 Jahre sowie die Auszeichnung (10 000 Euro) für das filmische Gesamtwerk, die heuer an den amerikanisch-chinesischen Künstler Ian Cheng verliehen wird.
Mehrere Beiträge in Kinolänge
Daneben gibt es einige Neuerungen, unter anderem sind gleich mehrere Beiträge in Kinolänge zu sehen. Viele dieser Filme setzen sich mit der harten Realitäten auseinander, aber anders als im Dokumentarfilm werden sie fiktional verdichtet und zugespitzt. Schon im Eröffnungsfilm, in Clément Cogitores "Ni le ciel ni la terre", geht es um die reale Sicherheitslage in Afghanistan nach dem Truppenabzug 2014, deren explosive Brüchigkeit durch merkwürdige Geschehnisse zusätzlich kompliziert wird.
In Omer Fasts schon mehrfach gezeigtem "Continuity" (mit André Hennicke) ist der Bundeswehreinsatz in Afghanistan hingegen Hintergrundfolie für eine düstere Familien-Tragödie.
Der Wirklichkeit am nächsten kommen dürfte Johann Grimonprez in "Shadow World". Darin zerrt er die Strippenzieher hinter den weltweit schwärenden Kriegen und Konflikten ans Licht: Ausgehend vom Buch "Waffenhandel. Das globale Geschäft mit dem Tod" des südafrikanischen Ex-Politikers und heutigen Journalisten Andrew Feinstein (auf Deutsch 2012 bei Hoffmann & Campe erschienen) versucht er, das Geflecht zwischen Regierungen, Geheimdiensten und internationaler Waffen-Lobby zu entwirren – im Film immer wieder kontrastiert mit Zitaten des uruguayischen Schriftstellers Eduardo Galeano.
Schweine filetieren ihren Metzger
Zu den 18 Premieren bei "Kino der Kunst" gehört die Einkanal-Version von Julian Rosefeldts bildgewaltiger Kompilation von Künstlermanifesten "Manifesto" mit Cate Blanchett. Die in der Villa Stuck präsentierte 13-Kanal-Installation hat Rosefeldt, der an der Münchner Kunstakademie lehrt, nun zur Kino-Fassung verdichtet.
Premiere feiert auch Shoja Azaris "Simple little lives", in dem der Lebensgefährte von Shirin Neshat eine Best-Buddies-Story in den USA eskalieren lässt: Bei ihrem jährlichen Grill-Ritual taucht diesmal ein Fremder auf – das ist scheinbar zu viel für die neun Jungs in der Provinz.
Ins Grotesk-Surreale kippt schließlich "Inverso Mundus" vom russischen Künstler-Kollektiv AES + F, der mit 38 Minuten kürzeste unter den Langfilmen. Da herrscht, wie es der Titel verrät, verkehrte Welt, in der Schweine den Metzger filetieren und Schüler ihren Lehrer bestrafen. Eine Art Hieronymus-Bosch-Gemälde als Tableau vivant – in der die real existierende Welt bizarr und das Fantastische fast vernünftig erscheint.
Kino der Kunst, 19. bis 23. April; alle Veranstaltungen unter www.kinoderkunst.de. Der Internationale Wettbewerb und die Sonderscreenings laufen im AudimaxX der Hochschule für Fernsehen und Film, Bernd-Eichinger-Platz 1,
Filmwiederholungen in den City Kinos, Sonnenstraße 12. Alle Filme werden auf Englisch oder im Original mit englischen Untertiteln gezeigt. Eintritt: 8, ermäßigt 5 Euro