"Kingsman - Goladen Circle": Britischer Export in die USA in der Filmkritik

Vor zwei Jahren erzielte Matthew Vaughn mit der Agenten-Comic-Verfilmung "Kingsman“ ein weltweites Einspielergebnis von 414 Millionen Dollar.
Die Rezeptur wirkte frisch, weil sie bis dahin scheinbar unvereinbare Genreversatzstücke mischte: Einerseits gab sich die Story um einen neuzeitlichen, geheimen Ritterorden als urbritische Angelegenheit. Das Hauptquartier der Organisation befand sich hinter den Türen eines noblen Herrenaustatters. Maßanzüge, Budapester Schuhe und Regenschirm gehörten zur Berufskleidung. "Manieren machen den Menschen“ lautete die Losung der Gentlemen-Vereinigung.
Julianne Moore als gnadenlose Kartell-Betreiberin
Demgegenüber standen ausufernde Martial-Arts-Schlägereien sowie sehr direkte Gewaltexzesse. Das Ganze war eingebettet in eine Comic-Film-Atmosphäre, in der man sich nicht unbedingt an die Möglichkeitsgesetze der Physik halten musste.
Diese Grundzutaten bleiben auch in "Kingsman: The Golden Circle“ die gleichen, auch wenn das Sequel mit dem Erbe des Vorgängerwerkes ziemlich respektlos umgeht. Der Film ist noch keine halbe Stunde alt, da liegt die Londoner Zentrale bereits in Schutt und Asche.
Schuld daran ist die Drogenkartell-Betreiberin Poppy (Julianne Moore), die zwar einen Jahresumsatz von 250 Milliarden Dollar macht, aber unter fehlender gesellschaftlicher Anerkennung leidet. Moore spielt die Schurkin als Alptraumversion einer frustrierten Hausfrau, die in der Küche einen überdimensionalen Fleischwolf hat, worin in Ungnade gefallene Mitarbeiter gelegentlich entsorgt werden. In ihre Drogen hat Poppy nun ein todbringendes Gift gemischt, dessen Gegenwirkstoff sie aber nur zur Verfügung stellen will, wenn die USA ihren "War on Drugs“ endlich aufgeben.
Top-Besetzung allein reicht nicht
Aber der amtierende US-Präsident (Bruce Greenwood) hofft mit den vergifteten Drogen endlich die ganzen Junkies ein für alle Mal loszuwerden und setzt auf destruktive Verhandlungsstrategien. Am Schluss wird ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn eingeleitet – eine hoffentlich visionäre Analogie zu den gegenwärtigen Zuständen im Weißen Haus.
Für moderaten Spaß sorgt vor allem das aufgefrischte Ensemble. Denn nach der Zerstörung ihres Geheimbundes suchen Eggsy (Taron Egerton) und Merlin (Mark Strong) Hilfe bei der amerikanischen Pendant-Organisation "Statesman“. Jeff Bridges, Channing Tatum und Halle Berry als bebrillte IT-Spezialistin greifen den "Kingsmen“ unter die Arme und sogar Colin Firth erlebt die Wiederauferstehung seiner Figur.
Die hochkarätige Besetzung in den Nebenrollen kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Taron Egerton als Hauptheld immer noch deutliche Charisma-Defizite aufweist und es dem Aneinanerreihungs-Drehbuch an Komplexität und erzählerischer Relevanz fehlt.
Kino: Cadillac, Cinemaxx, Gloria, Münchner Freiheit, Mathäser (auch OV) sowie Cinema und Museum-Lichtspiele (OV)
Regie: Matthew Vaughn (GB/USA, 141 Min.)
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