"Jugend ohne Gott": Psychostudie mit großen Fragen und Erster-Sex-Erotik
Der Schweizer Regisseur Alain Gsponer lädt "Jugend ohne Gott" mit großen Themen der heutigen Zeit auf.
Der Titel ist erst mal befremdend: "Jugend ohne Gott" klingt, als ob Alain Gsponer mit seiner Romanverfilmung neoreligiös bekehren wolle. Aber "Gott" stand schon 1937 für "das Wahre" und "Gute". Während Horváth aber desillusioniert eine vom faschistischen Zeitgeist entmenschlichte Jugend vor sich hatte, kämpft die nur leicht ins Zukünftige versetzte, neue Version mit der drohenden Angepasstheit der Jugendlichen an unser Leistungsdenken, das ebenfalls zu Selektion, Aggression und Übermenschendenken führen kann.
Wie im Roman steht auch hier ein Schul-Zeltlager im Zentrum. Jetzt geht es in den Gruppenspielen um die Zulassung zur Elite-Uni. Wer nicht performt, kann leicht abrutschen und in eine sozial mindere Zone versetzt werden. Und zur Selbstoptimierung und Kontrolle werden alle Körper- und Psychodaten aufgezeichnet.
Herausgekommen ist eine packende Psychostudie mit den großen Fragen über Freundschaft, Opportunismus, Gruppenzwang und Widerstand. Dabei verschiebt der Film die Lehrer-Perspektive zu Gunsten eines Schülers (Jannis Niewöhner).
Der trifft im Wald auf gleichaltrige "Asoziale", die von einer Apartheit-Gesellschaft fallengelassen und kriminalisiert wurden, sich jetzt auf eigene Faust durchschlagen und deren Anführerin (Emilia Schüle) eine Robin-Hood-artige "Rote Zora" ist. So gibt es auch Erster-Sex-Erotik, die Teenie-Publikum anziehen soll.
Manche Handlungsstränge sind etwas stark auserzählt und plakativ, Aspekte wie ein Mordmotiv behalten eine rest-rätselhafte Spannung. Erwachsene bekommen – in der Figur des desillusionierten, aber humanen Lehrers (Fahri Yardim) – auch eine Identifikationsfigur. Denn nicht nur die Jungen prägen die Zukunft unserer Gesellschaft.
Regie: Alain Gsponer (D, 114 Min.)
Kinos: CinemaxX, Mathäser Filmpalast, Münchner Freiheit, Rio Filmpalast
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- Mathäser Filmpalast