Joseph Gordon-Levitt: "Meine Passwörter sind nun komplizierter"

Joseph Gordon-Levitt war Regisseur Oliver Stones erste Wahl, um Edward Snowden zu spielen. Ob der Schauspieler Bedenken hatte, die Rolle anzunehmen, wie es war, den echten Edward Snowden zu treffen und wie er mit seiner Privatsphäre umgeht, erzählt Gordon-Levitt im Interview.
von  (cam/spot)

Joseph Gordon-Levitt war Regisseur Oliver Stones erste Wahl, um Edward Snowden zu spielen. Ob der Schauspieler Bedenken hatte, die Rolle anzunehmen, wie es war, den echten Edward Snowden zu treffen und wie er mit seiner Privatsphäre umgeht, erzählt Gordon-Levitt im Interview.

Er war fünf Jahre lang Tommy Solomon in "Hinterm Mond gleich links", half in "Zehn Dinge, die ich an dir hasse" Heath Ledger (1979-2008) seine große Liebe zu bekommen und überzeugte in Filmen wie "Inception" oder "The Dark Knight Rises" von Christopher Nolan (46). Joseph Gordon-Levitt ist ein vielseitiger Schauspieler, der auch Drehbücher schreibt, Regie führt und mit seiner Firma hitRECord eine Online-Plattform für Künstler aus aller Welt geschaffen hat. In "Snowden" spielt er die titelgebende Figur. Ein Wagnis für den 35-Jährigen. Warum, erzählt er im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news.

Einen Trailer zu "Snowden" sehen Sie hier

Herr Gordon-Levitt, stimmt es, dass Ihnen abgeraten wurde, die Rolle von Edward Snowden anzunehmen?

Joseph Gordon-Levitt: Von einigen Leuten, von einigen meiner Kollegen, ja. Und ihr Rat machte durchaus Sinn. Sie sagten im Grunde, dass er eine polarisierende Figur sei. Ich denke in Deutschland weniger, aber in Amerika hat die Hälfte des Landes eine sehr negative Einstellung zu ihm und die andere Hälfte des Landes eine sehr positive. Und das könnte sich auch auf meine Karriere auswirken, zum Beispiel im Hinblick auf die Einnahmen. Doch ich hatte bereits Glück in meiner Karriere. Ich habe in jungen Jahren in einer erfolgreichen TV-Serie ["Hinterm Mond gleich links", Anmerk. d. Red.] mitgespielt und muss meine Rollen daher nicht nach kommerziellem Erfolg ausrichten. Deswegen habe ich nicht auf den Rat gehört.

Warum wollten Sie ihn porträtieren?

Joseph Gordon-Levitt: Als mir Oliver Stone den Job angeboten hat, war ich erst einmal sehr aufgeregt, da ich ein großer Fan von ihm und vielen seiner Filme bin. Aber mein nächster Gedanke war: 'Edward Snowden... ich kenne den Namen, ich habe ihn schon mal gehört, doch wer war er noch mal und was er hat er gleich noch mal gemacht? Und warum?' Und mir wurde klar, dass ich es schlichtweg nicht wusste. Man hört so vieles, aber ich hatte noch nie wirklich nachgeforscht, daher hatte ich einiges aufzuholen. Als ich damit fertig war, war ich regelrecht fasziniert von der Geschichte. Ich fühle mich geehrt, ihn spielen zu dürfen.

Sie haben Edward Snowden in Moskau getroffen. Was hat Sie am meisten überrascht?

Joseph Gordon-Levitt: Es gibt dieses Klischee, dass Personen, die gut mit Computern umgehen können, wenig gesellschaftsfähig sind, geradezu sozial unbeholfen. Und ich muss gestehen, ich hatte dieses Vorurteil ebenfalls bis zu einem gewissen Maß im Hinterkopf. Ich habe mich dabei ertappt, mich zu fragen, ob er auch so sein würde. Doch das war nicht der Fall. Er war sehr warmherzig und hat geradezu altmodische Manieren. Er ist sehr höflich, ein echter Gentleman. Das hatte ich nicht unbedingt erwartet.

Hat er Ihnen denn Feedback zu Ihrer Performance gegeben?

Joseph Gordon-Levitt: Ja, seine Reaktion war sehr positiv und unterstützend. Das hat mir viel bedeutet. Was aber noch eindrucksvoller war, war die Reaktion seiner Eltern. Ich habe sie bei der Premiere in New York kennengelernt. Seine Mutter sagte mir, ich habe sie an ihren Sohn erinnert. Und sein Vater nahm mich zur Seite und bedankte sich bei mir dafür, dass ich die Rolle angenommen habe, obwohl es eine kontroverse Geschichte ist und viel Kritik damit einhergeht. So ein Feedback habe ich bislang noch nie erhalten. Das hat mir sehr viel bedeutet.

Haben Sie persönlich für sich Konsequenzen gezogen nach den Enthüllungen? Haben Sie Ihre Passwörter geändert?

Joseph Gordon-Levitt: Ja, meine Passwörter sind nun komplizierter. Vielmehr als diese Einzelheiten hat sich allerdings meine Neugier verändert, zu verstehen, wie das Internet und diese Technologie funktioniert. Und das nicht nur in Bezug auf die Überwachung von Regierungen. Früher habe ich zum Beispiel nie darüber nachgedacht, ob ich den geforderten Haken bei Nutzungsbedingungen setzen soll oder nicht. Seit dem Snowden-Projekt denke ich darüber nach. Ich lese mir durch, wozu ich zustimmen soll und hinterfrage, was diese Firma eigentlich von mir verlangt und wie sie ihr Geld verdient. Denn so viel im Internet ist umsonst, doch nichts ist umsonst auf dieser Welt.

Das klingt nun aber schon etwas entmutigt. Können Sie das weiter ausführen?

Joseph Gordon-Levitt: Ich denke, es ist wichtig, dass wir uns darüber Gedanken machen und darüber reden. Denn diese Technologie ist noch relativ neu. Wir sind die erste Generation, die damit umzugehen lernt. Sie hat bereits großen Einfluss auf jeden Aspekt unseres Lebens und wird diesen weiter ausbauen. Ich bin aber optimistisch, dass es einen positiven Einfluss auf unser Leben haben wird. Doch jede Technolgie kann sowohl für das Gute als auch für das Böse eingesetzt werden. Man muss einfach beide Seiten betrachten.

Edward Snowden hatte gehofft, dass er durch seine Enthüllungen etwas verändern könne. Hat er das Ihrer Meinung nach erreicht?

Joseph Gordon-Levitt: Ich denke schon, dass sich etwas verändert hat. Aber kein Wandel ist vollkommen. Was aber wichtig ist, ist, dass wir seitdem mehr darüber reden. Privatsspähre ist ein wichtiger Aspekt der Geschichte und das hängt wiederum mit Demokratie zusammen. Die Massenüberwachung mag richtig oder falsch sein, man sollte aber auf jeden Fall öffentlich darüber diskutieren. Und das war vor Snowden undenkbar.

Viele Menschen scheint es nicht zu stören, im Netz alles über sich zu offenbaren. Wie wichtig ist Ihnen Privatsphäre?

Joseph Gordon-Levitt: Natürlich gibt es viele Menschen, die im Netz alles über ihr Privatleben mitteilen. Aber das ist nicht mein Stil. Für mich gibt es eine Grenze. Ich gebe ein gewisses Maß von mir selbst preis und den anderen Teil behalte ich für mich. Ich denke so oder so ist das völlig Ordnung, solange man die Wahl hat.

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