Johnny Depp in "Transcendence": Liebe in Zeiten der Gigabits

„Transcendence“ zeigt als SciFi-Thriller einen Menschen, der digital weiterlebt, und wirft Gesellschaftsfragen auf. Dann kippt der Film ins Bizarre und Alberne
Adrian Prechtel |
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„Transcendence“ zeigt als SciFi-Thriller einen Menschen, der digital weiterlebt, und wirft Gesellschaftsfragen auf. Dann kippt der Film ins Bizarre und Alberne
Als eine plutonium-verseuchte Kugel den führenden IT-Forscher durchschießt, durchfährt es einen: Links- Terrorismus, Islamismus, separatistische Kämpfer, Tierschutzaktionen – viele Ideologien haben einen gewaltbereiten Flügel. Aber warum radikalisiert sich der Kampf gegen die krakenhafte Macht des Netzes und seiner Konzerne nicht?

Ein Nahzeit-Science-Fiction, der die richtigen Fragend spannend stellt

Im Nahzeit-Science-Fiction „Transcendence“ gibt es so eine anti-technologische Untergrund-Gruppe, die das Attentat auf Will Caster (Johnny Depp) verübt. Er ist kurz davor, das menschliche Gehirn so analysiert zu haben, dass man es in Großrechnern nachbauen kann. Weil sich dieses Digital-Hirn dann mit den anderen Computern der Welt vernetzen kann, entsteht ein Wesen, das über fast unendliches Wissen und Fähigkeiten verfügt. Dem Tod nach dem Attentat geweiht, beschließt Dr. Caster, sich selbst hochzuladen, er wird sein eigenes virtuelles Frankensteinmonster, das anfangs in der Figur von Will Caster und Johnny Depp noch unsere Sympathie hat. Aber der Film riskiert gegen die klassische Filmdramaturgie einen moralischen, spannenden Seitenwechsel.

Genial und erschreckend real

Diese Geschichte ist genial umgesetzt und erschreckend real gezeigt. Und sie stellt uns die richtigen Fragen: Wie weit darf technischer Fortschritt gehen, wann verlieren wir die Kontrolle über die Technik, wann verselbstständigt sie sich – wie es zum Beispiel beim Computerhandel an den Börsen bereits passiert und zu unkalkulierbaren Abwärtsspiralen und Krisen geführt hat. Was aber in „Transcendence“ möglich ist und passiert, ist noch eine Dimension weiter, weil sich so auch die Frage nach der Unsterblichkeit im Netz stellt, nach der Frage, ob eine menschlich gespeiste Maschine Moral hat, Gefühle entwickeln kann. Das alles wird von Oscar-Kameramann Wally Pfister („Memento“, „Dark Knight“, „Inception“) in seinem Regiedebüt aufregend unaufgeregt, aber spannend verhandelt und noch kombiniert mit einer bizarr werdenden romantischen Liebesgeschichte von Casters Lebensgefährtin (Rebecca Hall) , die ihn nicht verlieren will und nach seinem körperlichen Tod virtuell weiter liebt.

Am Ende: Zombie-Quatsch und absurde Atom-Ideen

Aber im letzten Drittel vergeigt der Film seine ganze Größe: durch Genrewechsel ins alberne Zombie-Fach, durch völlig unglaubwürdige technische Behauptungen, durch Feigheit. Denn der virtuelle Caster baut sich eine von ihm fremdgesteuerte, optimierte Menschenarmee auf, die die Welt bedroht. In die Atmosphäre werden Atome gestreut, die sich überall zu jedem Gegenstand materialisieren können. Und als es am Ende einen globalen, endgültigen Internet-Zusammenbruch gibt, wird die spannende Frage, was das zivilisatorisch bedeuten könnte, ausgespart. Schade, es hatte so gut und klug begonnen.

 

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