Jessica Lange, Kate Winslet und Sandra Hüller kommen: Das 41. Filmfest München
"Vor zwanzig Jahren habe ich beim Filmfest München angefangen", erzählt Christoph Groener: "Als Praktikant." Er habe damals das tägliche Infomagazin machen dürfen. Nur: "Es kam nie raus, weil der Kopierer kaputt war." Heute, 2024, ist er erstmals als Direktor für das Filmfest München gesamtverantwortlich: 150 Filme werden ab Samstag, den 29. Juni in neun Tagen gezeigt.
Die Brücke in die USA trägt Früchte
"Es ist kein komplett verändertes Festival", betont Groener, der zuletzt schon künstlerischer Leiter war. Aber bereits der Look hat sich im Vergleich zum letzten Jahr verändert: Eine Welle ist das Preissymbol, die auch eine gebogene Leinwand sein könnte und wie ein Kräuterwiegemesser aussieht, aber natürlich auch an die Surfwelle im Englischen Garten erinnern soll.
Auch der neue Trailer, der vor jedem Film gezeigt wird, hat viel mit Wasser zu tun und auch auf dem Plakat geht es spritzig zu.

Jessica Lange hat schon Fotos vorausgeschickt
Fragt man Groener, was man inhaltlich als Neuerung spüren kann, ist es für ihn die "neue Brücke zu den USA", die aufgebaut wurde: "Da hatte das Filmfest immer eine große Tradition seit den 80er Jahren, die aber etwas abgerissen war. Früher kamen die amerikanischen Independent-Regisseure mit 35-mm-Kopien unterm Arm nach München. Heute gibt es selbst bei der freien Szene Weltvertriebe, Verleiher, Agenten, Manager und PR-Beauftragte. Aber wir haben uns immer wieder durch den Dschungel geschlagen." Also ist man nach New York zum Tribeca-Festival gefahren und natürlich auch nach Los Angeles.
Die Früchte sind klar sichtbar: Mit Jessica Lange ist ein US-Star Gast in München und bekommt den CineMerit Award des Filmfests München - im Deutschen Theater, das ebenfalls ein neuer Ort des Festivals ist, wie auch das Cinema in der Nymphenburger Straße. Und der Chefkurator des Museum of Modern Art in New York sitzt in einer der Jurys. Das Museum Brandhorst ist ins Festival integriert wie auch die Kammerspiele oder das NS-Dokuzentrum.

Jessica Lange hat München noch ein Geschenk mitgebracht und per Post in einer Kiste vorausgeschickt: 25 Fotografien ihrer Sicht auf Amerika. Die Bilder stammen großteils aus ihrer Reihe "Highway 61", dessen Strecke von New Orleans in Louisiana bis nach Minnesota führt. Das Deutsche Theatermuseum im Hofgarten wird sie ab 2. Juli unter dem Titel "Through her Lens - Photographs by Jessica Lange" zeigen.
Und die Premiere ihres neuen Films "The Great Lillian Hall" ist auch ein Ereignis: "Jessica Lange begeistert in diesem Drama über das Älterwerden einer Schauspielerin emotional", sagt Groener. Es geht um Rollen, die man im Leben spielt.
Kate Winslet ist die Fotografin Lee Miller
Kate Winslet zeigt als Europapremiere ihren Spielfilm "Die Fotografin" mit ihr als Lee Miller, einer Kriegsberichterstatterin und Fotoreporterin. Sie war während des Zweiten Weltkriegs nach Frankreich gegangen und hielt nach der Befreiung der Lager Buchenwald und Dachau die Verbrechen der Nazis fotografisch fest - ein Grauen, das sie ihr Leben lang verfolgte.
Und dann kommt im AZ-Gespräch auch die andere Seite der Brücke zur Sprache: München und Deutschland. "Wir sind als Filmfest München die wichtigste Plattform des deutschen Filmschaffens geworden. Das wagen wir auszusprechen!", sagt Groener stolz und meint dabei natürlich auch die Auflösung der deutschen Reihe bei der Berlinale.

Sandra Hüller kommt nach ihrem Oscar
"Wir zeigen deutsche Filme auf internationalem Niveau", meint Groener: Sandra Hüller kommt auch für den Eröffnungsfilm "Zwei zu Eins" von Nadja Brunckhorst mit Max Riemelt und Ronald Zehrfeld. "Für mich ist das Programm eine volle Erfrischung", sagt Groener und sagt: "Es ist ein Filmfest für Entdecker und Entdeckungen."
Und da ist Groener noch etwas wichtig: "So ein Festival ist auch eine Einladung zur Diskussion. Das ist ja etwas, was wir gerade verlernen, indem wir alles immer stark polarisieren oder nach Verboten schreien. Hier sind Filme im Vordergrund anhand derer man reden kann: mit den Filmemachern oder mit anderen Zuschauerinnen und Zuschauern. Wenn man das zivilisiert, respektvoll und offen hinbekommt, ist das eine große Bereicherung."
Kann Kino die Welt verändern?
Groener weist auch auf Filme hin, die "Demokratie unter Druck oder bereits ausgeschaltet" zeigen - wie "Die Ermittlung" nach dem Theaterstück von Peter Weiß aus den 60er-Jahren über den Holocaust-Prozess oder der Film "Führer und Verführer" über Goebbels und Hitler mit Spielszenen, Archivmaterial und Zeitzeugenerzählungen.
"Ob Kino die Welt verändern kann, wird ja seit Jahrzehnten diskutiert. Aber ich bin mir sicher, dass es das eigene Denken hinterfragen lehrt. Mir ist es wichtig: Man kann auf dem Filmfest München ganz sicher Spaß haben und inspiriert werden. Es ist und bleibt ein Publikumsfestival mit der Chance, Filmemacherinnen und Filmemachern zu begegnen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen."
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