Jennifer Aniston als Stripperin: Vier sind keiner zuviel

In der US-Hitkomödie „Wir sind die Millers” spielen vier Außenseiter Familie, um ans große Geld zu kommen
von  Florian Koch

Die Frage nach den letzten Ekel-Tabus im Kino scheint nach den Diskussionen um „Feuchtgebiete” wieder brandaktuell. In den USA hat man sich mit dem Überschreiten von Geschmacksgrenzen gerade im Komödien-Genre jedoch längst abgefunden.

Die Farrelly-Brüder machten mit „Verrückt nach Mary” den Anfang, als Ben Stiller mit Sperma im Gesicht Cameron Diaz die Tür aufmachte. Ein weiterer Türöffner in Richtung dreckigen Humor war Sacha Baron Cohen mit seiner subversiven „Borat”-Figur. Zuletzt bewies Star-Produzent Judd Apatow, dass man auch mit kotzenden und furzenden Frauen („Brautalarm”) ordentlich Geld verdienen kann.

„Wir sind die Millers” schlägt jetzt ein neues Kapitel im Umgang mit Fäkalhumor auf. Zwar baut Rawson Marshall Thurber in seine Komödie immer wieder verbale Schmuddel-Sexwitzchen ein oder zeigt explizit, was für Auswirkungen ein Tarantelbiss auf einen Teenie-Hoden hat. Doch diese pubertären Entgleisungen werden immer wieder geschickt mit einer wertkonservativen Pro-Familien-Botschaft entschärft. In den USA kam dieser Mix blendend an, was sicher auch an der Besetzung liegt.

Denn in „Wir sind die Millers” sollen nicht nur vier Außenseiter plötzlich in andere Rollen schlüpfen, es sind auch die Stars, die hier Figuren spielen, die so gar nicht zu ihrem Image passen. Vorneweg Jennifer Aniston, die auf Demi Moore macht und als frustrierte Stripperin eingeführt wird. Komiker Jason Sudeikis, der klassische Kumpeltyp von nebenan, ist ein fröhlicher Drogendealer und Julia Roberts’ Nichte Emma schlägt sich als „kleines Gossenluder” durch.

All diesen Figuren ist nicht nur gemein, dass ihr Lebensstil nicht zu ihnen passt, auch die Schauspieler wirken in ihren Rollen deplatziert. Das ist aber Teil des Konzepts, denn natürlich sollen sich die zufällig in einem Haus wohnenden Individuen – darunter auch ein schüchterner Nachbarsjunge (Will Poulter) – finden, um eine ungewöhnliche Patchwork-Familie zu werden.

Wie das funktioniert? Dealer David wird ausgeraubt und muss für seinen Auftraggeber – Ed Helms als Orca-Besitzer mit Einstecktuch – ein „klein bisschen Marihuana” aus New Mexico holen. Über die Grenze schafft man es laut David aber nur als „quietschsaubere amerikanische Familie”. Und damit hat er nicht ganz Unrecht. Die Allianz der vier Ausgestoßenen, die nur dank einer hohen Belohnung ihr Rollenspiel aufrecht erhält, macht ihre Sache erstaunlich gut. Bis es sich die mexikanischen Gangster doch ein wenig anders überlegen.

Auch wenn das Roadmovie Längen hat, kann man sich auf diese Reise einlassen. Zu verdanken ist das vor allem Poulter, der seinem Jungen eine Unbedarftheit und Würde verleiht, die anrührend ist. Und das können die wenigsten Ekel-Komödien von sich behaupten.

Kino: CinemaxX, Gloria (auch OV), Mathäser (auch OV), Münchner Freiheit, Neues Gabriel, Cinema (OV), Museum Lichtspiele (OV)
R: Rawson Marshall Thurber (USA, 110 Min.)

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