Horrorzahlen zum 100. Geburtstag: Warum floppt Disneys "Wish"?

Ausgerechnet zum 100. Geburtstag leistet sich Disney mit "Wish" einen kapitalen Flop. Was heißt das für den Konzern, wenn seine Träume platzen?
von  Adrian Prechtel
Asha ist in "Wish" auf das Schloss von Magnifico eingeladen und kann sehen, wo und wie der Magierkönig die Wünsche seiner Untertanen aufbewahrt: als seifenblasige Glaskugeln.
Asha ist in "Wish" auf das Schloss von Magnifico eingeladen und kann sehen, wo und wie der Magierkönig die Wünsche seiner Untertanen aufbewahrt: als seifenblasige Glaskugeln. © Disney

Stell Dir vor, Du feierst 100. Geburtstag und keiner kommt! In diesem Herbst hat der Walt Disney-Konzern seinen 100. Geburtstag gefeiert und was hat sich der Konzern mit der Maus zum Geburtstag und nahen Weihnachten gewünscht? Dass sein neuer Feiertagsfilm "Wish" ein voller Erfolg wird.

 

Doch der rund 200 Millionen-Dollar teure Film floppt. Das kann man drei Wochen nach dem US-Start am Thanks-Giving-Wochenende, das die große Kinozeit bis einschließlich Weihnachten einläutet, schon sagen. Schon fünf Tage nach dem 22. November war klar: 31,6 Millionen Dollar bisheriges Einspielergebnis in USA und Kanada sind ein Horrorergebnis. Und es erholte sich nicht: Weltweit hat der Film bislang 105 Millionen Dollar eingespielt.

Disneys Jubiläums-Film "Wish": Warum entsteht ein ärgerliches, flaches Nichts?

Um das Ausmaß des Desasters zu verstehen, muss man bei einem Produkt wie "Wish" zu den 200 Millionen Dollar Produktionskosten noch einmal einen Marketing-Budget dazuzählen, der beim Jahreshauptfilm des Konzerns wahrscheinlich bei nochmal 150 Millionen Dollar liegt – es sind also wohl 350 Millionen Dollar im Spiel.

 

Nun wird nach Gründen gesucht. Der einfachste: Der Film ist einfach schlecht! Die Hauptfigur, das südländische Mädchen Asha, ist blass, der "böse" Prinz unausgegoren, der als witzig angelegte Sidekick dumm und platt und für die Freunde der Hauptfigur gilt: Wenn man solche Freunde hat, braucht man keine Feinde mehr. Statt eines neuen Disney-Meisterwerks der Animationskunst hat Regisseur Chris Buck zusammen mit Regisseurin Fawn Veerasunthorn mit "Wish" nur ein flaches, ärgerliches Nichts geschaffen.

Das ist umso frustrierender, weil viele davon ausgehen, dass nach dem Flop neuer Geschichten, Disney wieder verstärkt auf "bekannt, bewährt" setzen wird, also versuchen wird, risikolos in die Zukunft zu gehen. Bereits geplant ist die Fortsetzung des Erfolges von 2015, "Alles steht Kopf", der 860 Millionen Dollar weltweit eingespielt hat, auch die "Eiskönigin"-Geschichten werden weitererzählt. Die "Eiskönigin – Frozen" spielte vor genau 10 Jahren weltweit 1,33 Milliarden Dollar ein, "Frozen II", 2019, sogar noch einmal mehr: 1,45 Milliarden Dollar.

"Wish" ist nicht das erste Minusgeschäft von Disney in diesem Jahr

Disney hatte "Wish" auch damit beworben, dass das Kreativteam der "Eiskönigin" hinter dem neuen Film stünde. Und Dutzende von Storydoktoren und Charakterdrechslern waren am Werk inklusive "Kulturberater". Vielleicht ist das eine der Ursachen, warum es für einen Konzern wie Disney immer schwieriger wird, Erfolge zu produzieren: Man will sich auf einem globalen Markt in alle Richtungen absichern, keinen Shitstorm einer Minderheit riskieren, der sich zum Skandal ausweiten könnte. Man will in allen Kulturen der Welt gefallen und produziert ängstliches Mittelmaß oder wie bei "Wish" sogar Mist.

Dieses Jahr gab es den Versuch, die "Die kleine Meerjungfrau" von der Animationswelt in den Realfilm zu heben. "The Little Mermaid" war die Person of Color, die Sängerin Halle Bailey als erste schwarze Disney-Prinzessin. Prompt beschwerten sich potenzielle Zuschauer, "Arielle" müsse nunmal weiß sein mit roten Haaren. Anderen Aktivisten wiederum war sie "feige" zu hellhäutig, wenn man schon mutig eine PoC besetze.

 

Aber immerhin spielte "Arielle" in diesem Jahr noch über eine halbe Milliarde Dollar ein. Bei 250 Millionen Produktionskosten und einem hohem Marketingbudget dennoch ein Minusgeschäft, da ein Filmverleih ja nur rund 50 Prozent des Preises einer Kinokarte bekommt, der Rest landet beim Kino. Disney hatte mit dem ähnlich teuren "Elemental" und nur 495 Millionen Dollar Einspielergebnis in diesem Jahr bereits noch einen relativen Flop.

Mehr künstlerische Freiheit statt "Kulturberater"

Eine Lösung könnte in Zukunft sein: Wieder ein echtes künstlerisches Team ganz frei an einem (neuen) Stoff arbeiten lassen, anstatt Projekte durch Dutzende Entscheidungsinstanzen und Political-Correctness-Kontrollen zu jagen.

Ein zweites Bein stellt sich Disney bei seinen Filmauswertungen auch noch selbst. Die schnelle Auswertung auf der eigenen Streaming-Plattform lässt potenzielle Zuschauer zögern, mit der ganzen Familie teure Kinokarten zu kaufen – vor allem, wenn man bereits nichts allzu Gutes von einem Film gehört und in Zeitungen gelesen hat. Viele jedenfalls scheinen da auf den "Heimkino"-Start bei Disney+ zu warten.

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