Hofer Nächte sind lang
Was tun, wenn man den Jackpot knackt? Die rhetorische Frage wird Wirklichkeit für einen Enddreissiger, dem der Gewinn von 22 Millionen Euro den Boden unter den Füßen wegreißt. Erst mal einen Porsche kaufen, der Gattin eine schicke Boutique in Berlin, den besten Freunden "eine Mio" schenken. Und dann Klappe halten. So tun, als wäre nichts gewesen. Das klappt nun schon gar nicht. Wenn man Fabian Möhrkes Filmdebüt „Millionen“ sieht, ahnt man schnell: Geld allein macht nicht glücklich.
Hof ist ein eigener Kosmos, wie es ihn kaum sonst gibt
Glücklich machten bei strahlendem Herbstwetter die 47. Internationalen Hofer Filmtage. Entspannt In der Sonne Kaffee schlürfen, Filme bis tief in die Nacht gucken, Partys bis zum frühen Morgen, spannende Gespräche mit Regisseuren zum „Anfassen“. Und wenn dann noch dann noch der FC Hofer Filmtage mit Peter Lohmeyer als Stürmer gegen den FC Hofer Filmwelt 3:2 gewinnt, ist die Welt in Ordnung. Bastian Günther, der für seinen Spielfilm „Houston“ mit einem umwerfenden Ulrich Tukur als ausgebrannten und versoffenen Headhunter den mit 10 000 Euro dotierten Förderpreis Neues Deutsches Kino erhielt, gab bei der Preisverleihung sogar zu: „Ich hatte mich eigentlich am meisten aufs Fußballspiel gefreut“.
Sprungbrett und Fußball
Seit den 1970er Jahren ist die Frankenstadt Sprungbrett für junge deutsche Talente von Werner Herzog über Wim Wenders bis hin zu Doris Dörrie oder Sönke Wortmann. Auch in diesem Jahr trafen sich wieder Newcomer und „Wiederholungstäter“, wie Oscar-Preisträger Stefan Ruzowitzky, der in „Das radikal Böse“, einem erschütternden Mix aus Fiktion und historischem Material, zeigt, wie ganz normale junge Männer zu Kriegsverbrechern werden konnten. Kein langweiliges Lehrstück, sondern aufrüttelndes Fanal auch für die Zukunft, denn die Psychologie der Täter ändert sich nicht.
"Hannas Reise" - eine aus 130 Produktionen
Aus über 3000 Filmen wählte Festivalchef Heinz Badewitz 130 Produktionen aus, mehr als die Hälfte davon deutsche Kurzfilme, Spiel- und Dokumentarfilme. Punkten konnte schon der Eröffnungsfilm „Die Frau die sich traut“ mit Charakterdarstellerin Steffi Kühnert. Marc Rensings warmherzige Geschichte über eine Frau, die trotz schwerer Krankheit ihren Jugendtraum verwirklichen und den Ärmelkanal durchschwimmen will, ist eine Tragikomödie zum Heulen schön. Stark auch Julia von Heinz mit „Hannas Reise“. Die ehrgeizige Hanna (Karoline Schuch) arbeitet für kurze Zeit in einem Behindertendorf in Israel – aus sehr eigennützigen Gründen, weil sich das im Lebenslauf gut macht und der Karriere nutzt. Dass sie sich in einen coolen und ziemlich zynischen Israeli verknallt und ein Land erlebt, in dem es mal nicht primär um den Palästina-Konflikt geht, sondern um Menschen, die auch feiern und das Leben genießen, bringt sie aus der Spur. Ein Film für Herz und Hirn.
"Buena Vista" bekommen Kinokurrenz
Uli Gaulkes sechs betagte Musiker in „As Time goes by in Shanghai“ machen Wim Wenders legendären „Buena Vista Social Club“ Konkurrenz. Die Doku über die „Peace Old Jazz Band“, die älteste Jazzband der Welt, erzählt von fidelen Gentlemen und Überlebenskünstlern, die trotz Besatzung, Kulturrevolution Planwirtschaft und Turbokapitalismus in der glitzernden Metropole Shanghai die Lust am Jazz nicht verloren. Ein Überlebenskünstler ist auch Filmtage-Gründer Badewitz. Trotz Konkurrenz durch deutsche Filmreihen in Berlin, München, Saarbrücken oder Ludwigshafen, hat Hof seinen Stellenwert nicht verloren. Deutschlands dienst ältestem Festivalleiter ist noch lange nicht langweilig und er denkt nicht ans Aufhören: „Ich brauche den Erwartungsdruck. Immer neue Filmgeschichten und neue Talente zu entdecken, hält mental jung“. Recht hat er.