"Herr Bachmann und seine Klasse": Dompteur und Kumpel
Er war Revoluzzer, Aussteiger, Folksänger und Bildhauer. Seit 17 Jahren aber ist er Lehrer und fühlt sich nicht im Geringsten als Autorität.
Wenn "Herr Bachmann und seine Klasse" sich treffen, wirkt der Erzieher mit Ringelmütze nur auf den ersten Blick wie ein gutmütiger Bär: Freundlich aber bestimmt hat er die Kids aus Familien mit Migrantenhintergrund im Griff. Der Dokumentarfilm "Herr Bachmann und seine Klasse" ist der vierte und letzte deutsche Wettbewerbsbeitrag der diesjährigen -digitalen - Berlinale.
Schule ist auch hier kein Kuschelzoo
Schule ist trotz allem Verständnis auch bei Herrn Bachmann hier kein Kuschelzoo, es geht um Leistung, um Weichenstellung fürs Leben. Die Zwölf- bis 14-Jährigen aus zumeist prekären Verhältnissen stammen aus fast einem Dutzend Länder, lernen gemeinsam in der Eingangsstufe einer nordhessischen Gesamtschule. In den Pausen ein Sprachengewirr aus türkisch, russisch, rumänisch, bulgarisch oder arabisch.
Maria Speth, bei Passau geboren, begleitete über Monate den Klassenverband und den Mann, der in einer Mischung aus Dompteur und Kumpel die Einzelnen ermutigt, aber auch provoziert und kritisiert.
Er hilft ihnen, Minderwertigkeitsgefühle und Furcht zu überwinden, stolz zu sein, zu ihren Schwächen zu stehen. "Herr" Bachmann sieht sich nicht als "Wissensvermittler". Mit seinen unkonventionellen Methoden sorgt er für Aufmerksamkeit, nähert sich Themen durch Musik, Tanz, ernsthafte Debatten oder Humor, egal ob Rassismus oder Sex.
Auch das US-Magazin "Indie Wire" adelt den Film
Wenn ein Mädchen strahlt, weil sie keine Angst mehr hat, sich frei zu äußern oder ausgelacht zu werden, freut er sich wie ein Schneekönig.
Das renommierte US-Magazin "Indie Wire" setzte diesen trotz 217 Minuten nicht eine Sekunde langweiligen Dokumentarfilm auf die Liste der zehn aufregendsten Filme von 100 der 71. Berlinale. Das stimmt auf jeden Fall. Jetzt muss er nur noch ins Kino kommen.
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