Gut gemeint, aber misslungen

Prominent besetztes Historiendrama, das den Völkermord an den Armeniern während des Ersten Weltkriegs wie eine Seifenoper inszeniert.
Christopher Diekhaus |
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Der armenischen Apotheker Mikael (Oscar Isaac) und die armenisch-stämmige Ana (Charlotte Le Bon) verlieben sich ineinander.
Capelight Pictures Der armenischen Apotheker Mikael (Oscar Isaac) und die armenisch-stämmige Ana (Charlotte Le Bon) verlieben sich ineinander.
"The Promise - Die Erinnerung bleibt" ist einer dieser Filme, die man eigentlich loben möchte, weil er dem Zuschauer mit dem Völkermord an den Armeniern ein düsteres Geschichtskapitel ins Gedächtnis ruft. Die Absichten hinter der rund 90 Millionen Dollar teuren Produktion, die von Kirk Kerkorian
, einem milliardenschweren US-Unternehmer mit armenischen Wurzeln, auf den Weg gebracht wurde, sind zweifelsohne ehrbar. Gerade, wenn man bedenkt, dass sich die türkische Regierung bis heute weigert, den Genozid als solchen anzuerkennen. Ein guter Wille allein garantiert jedoch noch keine überzeugende Aufarbeitung, wie das von Terry George ("Hotel Ruanda") inszenierte Historiendrama schmerzlich demonstriert. Kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges
verschlägt es den armenischen Apotheker Mikael Boghosian (Oscar Isaac) nach einer arrangierten Verlobung von seinem Heimatdorf im Süden des Osmanischen Reiches in die pulsierende Hauptstadt Konstantinopel, wo er Medizin studieren will. Im Haus seines Onkels trifft der junge Mann auf die in Frankreich aufgewachsene, ebenfalls armenisch-stämmige Ana Khesarian (Charlotte Le Bon), die zusammen mit ihrem Partner, dem amerikanischen Fotoreporter Christopher Myers (Christian Bale
), in der osmanischen Metropole weilt. Obwohl Mikael und Ana vergeben sind, verlieben sich die beiden nur wenig später ineinander. Ihre Annäherung findet allerdings ein abruptes Ende, als das Kriegstreiben losbricht und parallel dazu die jungtürkischen Machthaber mit der systematischen Verfolgung und Ermordung der Armenier beginnen. So sehr der Film auch bemüht ist, die Gräueltaten
anzuklagen und die Erinnerung an sie aufrechtzuerhalten, so wenig gelingt es Terry George und Co-Autorin Robin Swicord, ihr sensibles Thema mit angemessener Sorgfalt zu behandeln. Grund dafür ist in erster Linie die Verquickung der historischen Hintergründe mit seichten, wenig mitreißenden Liebeswirren, die das Leid der Armenier
mehrfach an den Rand drängen. Passagen wie Mikaels Aufenthalt in einem Zwangsarbeiterlager erscheinen arg episodenhaft und vermitteln allenfalls einen flüchtigen Eindruck vom Schrecken, der damals viele unschuldige Menschen heimsuchte. Anstatt sich auf seine Protagonisten, ihre Verzweiflung und ihre Zerrissenheit zu konzentrieren, reiht "The Promise" mit häufig pathetischen Gesten ein dramatisches Ereignis an das nächste. Von den Darstellern stemmt sich besonders Oscar Isaac gegen die halbherzige Drehbuchkonstruktion, kann trotz eindringlicher Momente den Seifenoper-Charakter der Handlung aber nicht vergessen machen. Sein Kollege Christian Bale füllt als trinkfreudiger Journalisten
die Klischeerolle des für Gerechtigkeit kämpfenden Amerikaners aus, dessen Arbeit im Krisengebiet jedoch viel zu selten in den Blick gerät. Dass seine Figur durchaus Potenzial besitzt, zeigt sich, wenn Myers von den osmanischen Behörden als angeblicher Spion verhört und inhaftiert wird. Das sind Szenen, die an den Umgang des heutigen türkischen Recep Tayyip Erdogan mit kritischen Pressevertretern denken lassen. Angesichts dieser aktuellen Bezüge drängt sich schon die Frage auf, warum George und seine Mitstreiter an dieser Stelle nicht ein wenig in die Tiefe gehen. Die lobenswerten Intentionen der Macher vermitteln sich noch einmal pointiert am Ende, wo das Schicksal der Armenier bei einer Hochzeitsfeier nachdrücklich Erwähnung findet. Bezeichnend für die gut gemeinte, aber ungelenk konzipierte Rekapitulation im Ganzen ist allerdings, dass "The Promise" der armenischen Sprache erst zu diesem späten Zeitpunkt etwas Raum gewährt.
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