„Frühstück bei Monsieur Henri“: Nur nicht granteln!

Eine Schildkröte ist für Monsieur Henri die ideale Mitbewohnerin. Deshalb knallt er der verdatterten Studentin mit Riesenrucksack erst einmal die Tür vor der Nase zu. Zähneknirschend nimmt der Eigenbrötler dann doch Constance auf, weil sein Sohn sie ihm auf den Hals geschickt hat (damit sie seine Gesundheit überwacht).
Erst einmal drückt er ihr die ellenlange Hausordnung in die Hand und hofft, sie kleinzukriegen. Statt dessen bietet die Provinzlerin ihm cool Paroli, schlappt mit seinen Pantoffeln herum oder spielt verbotenerweise auf dem Klavier seiner verstorbenen Frau. Als er ihr die Miete für sechs Monate erlassen will, wenn sie seinen über 40-jährigen Sprössling der verhassten Schwiegertochter abspenstig macht, hat sie erst Skrupel. Aber eine bezahlbare Bleibe in Paris gilt ja als Jackpot. Das emotionale und familiäre Chaos lässt nicht auf sich warten.
Tragik und Humor ergeben die perfekte Mischung
Regisseur Ivan Calbérac setzt auf die bewährte Kombination von Komik und Tiefe, mixt in seinem eigenen Theaterstück Tragik und Humor zu einem amüsanten Potpourri, bei dem man letztlich alle mag – den mürrischen Misanthropen, unter dessen rauer Schale ein gutes Herz schlägt, den von ihm drangsalierte Sohn und sogar dessen spießige Gattin und natürlich die junge Frau, die lernen muss, über ihren Schatten der Angst zu springen.
Die komplizierte Annäherung zwischen zwei Menschen, der eine am Ende seines Lebens, die andere am Anfang, ist rührend, aber nicht rührselig und trotz Vorhersehbarkeit und einiger Klischees amüsant. Das liegt nicht nur an den feinen und manchmal bösen Dialogen, sondern vor allem an der brillanten Besetzung. Da brummt Schauspiel-Ikone Claude Brasseur (1980 in „La Boum“ Sophie Marceaus fürsorglicher Vater) als höchste Gefühlsäußerung „Erkälte dich nicht“ und verzaubert die Schweizer Newcomerin Noémie Schmidt mit strahlendem Lächeln, natürlichem Charme und Esprit. Der Wechsel zwischen hilflosem Landei und schlagfertiger Untermieterin, zwischen Unsicherheit, Verletzbarkeit und Kampfgeist gelingt ihr mit links.
Ein zärtlicher Wohlfühlfilm über Jugend und Alter, verpasste Chancen, aber auch über das Scheitern als Chance.
B&R: Ivan Calbérac (F, 95 Min.)
Kino: ABC, City, Eldorado, Solln, Mathäser, Monopol, Rottmann, Rio und Theatiner (OmU)