Friedenspreis des Deutschen Films in München: Feierlich nachdenken

Die 21. Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Films war ergreifend - auch durch seine Gäste auf der Bühne - und spannte einen großen Bogen.
von  Adrian Prechtel
Elisabeth Wicki Endriss, Catherine Corsini, Andreas Dresen und Maryna Er Gorbach bei der 21. Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Films - Die Brücke.
Elisabeth Wicki Endriss, Catherine Corsini, Andreas Dresen und Maryna Er Gorbach bei der 21. Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Films - Die Brücke. © IMAGO/Future Image

München - Als die Festgesellschaft gegen halb elf nachts im Bayerischen Hof eintraf, sagte der Schauspieler Jakob Diehl: "Da kommt man aus einer Gala, in der Filme geehrt wurden, die sich mit dem Ukrainekrieg, krasser sozialer Ungerechtigkeit und dem Versagen des Rechtsstaates beschäftigt haben - und dann landet man hier in einem fantastischen Ballsaal der Reichen und Schönen. Irgendwie ist es ja dekadent!" Um dann hinzuzufügen: "Aber wenn hier weiterdiskutiert wird und weitergedacht, ist das natürlich wunderbar."

Ergreifender Einstieg in die Veranstaltung

Und so war es dann auch. Denn die vorherige Gala war so ergreifend, dass niemand nur lachend zum Champagner übergehen wollte.

Mit Bert Brechts "Unglücklich das Land, das keine Helden hat! Nein: Unglücklich das Land, das Helden nötig hat!" war die Friedenspreisverleihung des Deutschen Films - Die Brücke im Cuvillièstheater von Elisabeth Wicki-Endriss eröffnet worden.

Aus Berlin war die 91-jährige deutsch-deutsche Filmlegende Wolfgang Kohlhaase gekommen, um als Laudator den Regisseur Andreas Dresen zu würdigen, dessen "Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush" den Friedenspreis für ein deutsches Werk erhielt.

Als dann aus den Kulissen Rabiye Kurnaz und der Bremer Rechtsanwalt Berhard Docke traten, die in jahrelangem Ringen den unschuldig in Guantanamo gefolterten und inhaftierten Murat Kurnaz freigekämpft hatten, erhob sich das gesamte Galapublikum.

Film "Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush" läuft noch in drei Kinos

Und der leisen Frage der Landtagsabgeordneten Julika Sandt an ihren Nachbarn Helmut Markwort (beide FDP), wer den Film schon gesehen habe, könnte man antworten: Er läuft nach vielen Wochen immer noch im Monopol, Rottmann und Maxim.

Bisher noch überhaupt keinen deutschen Filmverleih hat hingegen der Sonderpreisträgerfilm "Klondike" von Maryna Er Gorbach, der im vergangenen Jahr fertig wurde und prophetisch den Krieg gegen die Ukraine kommen sah. "Er war auch schon seit 2014 da, nur wollte ihn keiner sehen", sagte die Ukrainerin.

Vitali Klitschkos Ehefrau hielt Laudatio

Live zugeschaltet, um die Laudatio zu halten, war die Ehefrau des Kiewer Bürgermeisters Vitali Klitschko, Natalja Jegorowa, die auf deutsch den Film würdigte: "Es ist an uns, kommendes Unheil sich aufbauen zu sehen, nicht wegzuschauen und so früh wie möglich einzugreifen und nicht erst, wenn es zu spät ist. Das zeigt ,Klondike' auf beispielhafte, packende und künstlerische Weise."

Schon nach der Übergabe des ersten Preissymbols - ein Brückenpfeiler - hatte Andreas Dresen den Bogen zum dritten Preisträgerfilm geschlagen, indem er sagte, es ginge nicht nur um Brücken zwischen Ländern, Völken und Gesellschaften. "Wer Frieden will, muss auch Brücken in der eigenen Gesellschaft bauen - und zwar von unten nach oben."

Alles in allem eine sehr gelungene Preisverleihung

Denn genau darum geht es in Catherine Corsinis Film "In den besten Händen". Im französischen Original heißt der Film "Fracture" - und meint nicht nur den Armbruch einer der Protagonistinnen, sondern vor allem den Bruch in der Gesellschaft: alles gezeigt in einer Notaufnahme eines überlasteten Krankenhauses während der Gelbwesten-Proteste.

In seiner weitgespannten Thematik und großer Ernsthaftigkeit bei gleichzeitiger Feierlichkeit, war diese 21. Verleihung des Friedenspreises sicher eine der gelungensten. Und natürlich wurde dann im Bayerischen Hof auch viel gelacht. Aber die Gespräche blieben ernsthaft.

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