Filmkritik zu schillernder Comicverfilmung: Valerian - Die Stadt der tausend Planeten
Der Handschlag als Zeichen von Respekt, vielleicht sogar Freundschaft ist wieder Thema, seit ihn Trump in einem ersten Treffen mit Merkel verweigert hatte. Wie universell diese simple Geste sein kann, zeigt der aberwitzige Prolog von "Valerian – Die Stadt der tausend Planeten". Im Zeitraffer sehen wir, wie sich auf einer Raumstation andockende Astronauten zur Begrüßung die Hand geben. Die Völker ändern sich und Richtung 28. Jahrhundert kommen sogar Außerirdische hinzu. Was also bleibt bei all dem Wandel der Formen, der Technik, der Kostüme? Der friedliche Willkommensgruß, der keine Sprache benötigt!
Mit 180 Millionen Dollar ist er der teuerste Film, der je in Europa produziert wurde
In wenigen Minuten fasst der mit 180 Millionen Dollar teuerste Film, der je in Europa produziert wurde, seine Kernaussage zusammen: Miteinander und Koexistenz sind möglich, solange wir unsere Andersartigkeit mit neugierigem und verständnisvollem Blick betrachten. Dass diese heile Weltordnung auch schnell Risse bekommen kann, zeigt Luc Besson, der Macher dieser vor allem visuell berauschenden Comic-Adaption, in den nächsten zwei Stunden.
Wir sehen, wie der paradiesische Planet Mül durch Raumschiff-Brocken vernichtet wird und das hier lebende Volk, die elegant-langgestreckten Pearls, zur Flucht gezwungen wird. Später, im etwas hastig erzählten Schlussabschnitt, erfahren wir, dass sechs Millionen dieses Naturvolks bei der Apokalypse als Kollateralschaden vernichtet wurden, weil sie als minderwertig galten. Diese Holocaust-Analogie entspricht so gar nicht dem sonst fröhlichen, verwegenen Tonfall des Films. Und vielleicht ist es genau dieses Schwanken zwischen heiter und hart, zwischen atemberaubenden Verfolgungsjagden bis zu episodenhaften Varieté-Einlagen mit einer verführerischen Gestaltenwandlerin alias Rihanna, was den Film so originell, so anarchisch-europäisch wirken lässt.
Im Gegensatz zur perfekten Marvel-Comic-Maschinerie verzichtet Besson auf lästiges Figuren-Einführen und auf einen sonst immer üblichen klaren, überraschungsfreien Spannungsaufbau. Im schillerndsten 3D seit "Avatar" nehmen uns hier die beiden Jungspunde, Spezialagent Valerian (Dane DeHaan) und seine Partnerin Laureline (Cara Delevigne) gleich mit auf ihre Rettungsmissionen.
Zuerst sollen sie in einem irren virtuellen Jahrmarkt den letzten Transmutator beschaffen: ein quiekendes Meerschweinchen, das die Fähigkeit hat, alles zu vermehren, was man in es hineinwirft. Die atemlose Hatz führt sie dann weiter zu der Raumstation Alpha, in der bisher friedlich Millionen Wesen miteinander lebten und hier im Kern rasch eine radioaktive Strahlung eingedämmt werden muss.
Zuschauer werden in eine knallbunte Science-Fiction-Welt entführt
Für Besson, der bereits in "Das fünfte Element" oder "Lucy" bewiesen hat, dass ihm verblüffende Bilder wichtiger sind als versierte Dialoge, ist diese dünne Handlung ohnehin nur der Aufhänger, um die Zuschauer in seine knallbunte, perfekt computeranimierte Science-Fiction-Welt hineinzuziehen.
Wer sich nicht daran stört, dass dieser Freigeist Valerian nur ein Han Solo für Arme ist und sich auch nicht über die bemüht spießigen Kabbeleien mit seiner Laureline um Eheversprechen und "wer kann besser fliegen"-Themen ärgert, dürfte Gefallen finden an diesem größten Wagnis im Kinojahr 2017. Bewundert hätte diese leidenschaftliche Visualisierung eines Kindheitstraumes sicher einer: Bernd Eichinger (1949 – 2011). Denn wer sonst hat solche für den internationalen Markt gedrehten, europäischen Projekte produziert, die auch mal Hollywoods Bosse nervös machen sollen?
Kino: Münchner Freiheit sowie Royal, Cinemaxx (auch 3D) und Mathäser, Cinema (OV, auch 3D), Monopol (OmU), Museum (OV) Regie: Luc Besson (F, 137 Min.)
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