Filmkritik zu "All The Pretty Little Horses": Im fremden Eigenheim

Die Scheinwelt, wenn der Wohlstand zusammenbricht: "All The Pretty Little Horses". Die Filmkritik:
Margret Köhler |
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Im fremden luxuriösen Eigenheim: Yota Argyropoulou als Aliki mit ihrem Sohn.
Im fremden luxuriösen Eigenheim: Yota Argyropoulou als Aliki mit ihrem Sohn. © Amazon Prime

München - Was tun, wenn Arbeitslosigkeit und sozialer Abstieg Menschen aus ihrem Umfeld reißen? Sich mit den Gegebenheiten abfinden und ein Leben auf Sparflamme führen, sich von Freunden und Familie ausgeschlossen fühlen?

"All The Pretty Little Horses": Wunschdenken und Wirklichkeit vermischen sich

Für ein erfolgreiches junges Paar kommt der Abschied von der bürgerlichen Komfortzone abrupt: Aliki, Mitte 30, hat ihren Job als Anästhesistin durch einen ärztlichen Fehler verloren, Ehemann Petros seine Position als Investmentbanker. Es heißt raus aus dem teuren Athen, hinein in ein Küstenkaff am Meer, wo sie mit Söhnchen eine kleine, erschwingliche Unterkunft finden und von einer Rückkehr nach Athen träumen.

Während Aliki ein paar Euro als Pflegerin verdient, kümmert sich der Gatte als Hausmeister um ein hochherrschaftliches Anwesen mit Pool, wenn die vielbeschäftigte Eigentümerin verreist ist. Immer mehr Zeit verbringen die Drei in der Villa hoch über der Stadt und betrachten sie bald als eigene Wohnung, dabei vermischen sich Wunschdenken und Wirklichkeit.

Sehr intensiv und mit einem dunkel drohenden Unterton, der atmosphärisch durch die Musik das Drama bestimmt, zeichnet Michalis Konstanatos die vergebliche Flucht in eine Fantasiewelt - und nimmt die Rolle von Ansehen und Vermögen unter die Lupe sowie die gesellschaftlichen Brüche nach der griechischen Finanzkrise.

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"All The Pretty Little Horses": Entfremdung offenbart sich

In der Realität werden Petros' Bewerbungen abgelehnt oder er wird vertröstet, Aliki spielt derweil die feine Dame, die sich vom Makler teure Häuser zeigen lässt. Als sie zufällig frühere Freunde im Supermarkt treffen, werden die ganz selbstverständlich in "ihr" neues Luxusrefugium eingeladen. Der Besuch ist voll des Lobes für den guten Geschmack, sogar Pläne für einen Grillplatz und ein werden Gästehaus erörtert.

Während das Paar wie auf einer Bühne in langen Einstellungen das Haus zunehmend okkupiert, offenbart sich eine wachsende Entfremdung zwischen ihnen: Die Neuauflage des alten reichen Lebens durch Lügen funktioniert nicht, wie auch die Selbstdefinition über Besitz zum Scheitern verurteilt ist und die persönlichen Beziehungen gefährdet. 

Wie bei zwei verwundbaren und wunden Menschen - der scheinbar kühlen Yota Argyropoulou und dem nach außen lässigen Dimitris Lalos - Zorn und Verzweiflung hinter der Fassade kochen, wird hier verstörend erzählt.

Manchmal erinnert die Geschichte an Bong Joon-hos Oscarpreisträger "Parasite", nur sind die Protagonisten hier gebildet und etabliert, fehlt die Explosion von Gewalt. Hier bleibt sogar nach der Konfrontation mit der plötzlich auftauchenden wirklichen Hausherrin ein Moment der Rückbesinnung und ein Hoffnungsschimmer.


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