Filmkritik: Western - Valeska Griesbach in Bulgarien
Kippen, Bier und Schweiß – in Valeska Grisebachs "Western" regiert noch ungezügelte Maskulinität. Sie erzählt hier die Story einer Gruppe deutscher Bauarbeiter, die es zu einem Auslandsauftrag in die bulgarische Wildnis verschlägt. Unter ihnen ist auch der schweigsame Meinhard (Meinhard Neumann) – der einsame Cowboy.
Der Film ist natürlich kein Western im eigentlichen Sinne. Die Geschichte verläuft in Berliner-Schule-Nüchternheit, die gewohnte Showdowns größtenteils außer Acht lässt. Viel mehr transportiert "Western" die Typen der alten Italo-Filme ins Jetzt. In dieser Konzeption werden sie natürlich nicht zu Leinwandhelden, dafür aber – und das ist interessant – zu Studienobjekten für den Zuschauer.
Unterstützt wird diese Wirkung, weil Grisebach mit Laiendarstellern dreht. Meinhard Neumann ist hauptberuflich in der Automobilindustrie. Reinhardt Wetrek, sein Kollege und späterer Gegenspieler, leitet Gerüstbau-Kolonnen, um sein Brot zu verdienen.
Grisebach setzt sich jedoch nicht nur mit romantisierten Männerbildern auseinander, sondern geht weiter. Am Beispiel ihrer Hauptfigur verdeutlicht sie das Grundgefühl des Genres: das Streben nach Freiheit, die Suche nach einem einfachen Leben mit der Natur.
Meinhard schafft es zumindest, ein Wildpferd zu zähmen. Aber schafft er es auch, sich Sympathien im nahegelegenen Dorf zu schaffen? Bulgarien wird auf einmal zu mehr als nur einem Arbeitsplatz. Es wird zum Sehnsuchtsort, an dem noch ein ruhiges, entschleunigtes Leben möglich ist.
Aber natürlich kommt es auch hier bald zu Zwistigkeiten – innerhalb der Arbeitertruppe, aber auch mit den Einheimischen. Es geht auch um die Frage, wie weit man sich als Westeuropäer überhaupt noch in dieses Leben einfügen kann. Inwiefern vertragen sich Ausbruchsfantasie und wirklicher Lebensentwurf?
"Western" spricht seine Themen selten direkt an, trotzdem erreichen sie den Zuschauer. Ein großer Film, der weit über eine bloße stilistische Hommage hinaus geht.
Kino: Monopol, Atelier Regie: Valeska Grisebach (D, 121 Min.)
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