"Fast & Furious 9": Völlig losgelöst von jeder Vernunft

Tourismus im Weltall? Aus einer abgehobenen Schnapsidee hat sich im Lauf der Jahre eine realistische Perspektive für Besserverdiener entwickelt. Die Erde von oben können im Kino aber auch die Fans der Boliden-Saga "Fast & Furious" bewundern. Die anfänglich erdverbundene Actionfilm-Reihe hat im neunten Teil endgültig jede Bodenhaftung verloren.
Und warum auch nicht. Wenn physikalische Gesetze keine Rolle mehr spielen, dürfen mit Quatschkopf Roman (Tyrese Gibson) und Technik-Genie Tej (Ludacris) auch zwei "Fast & Furious"-Ensemblemitglieder mit einem Pontiac mit Raketenantrieb durch den Orbit cruisen – auch wenn das Bremsen in Schwerelosigkeit dann doch etwas schwerfällt.
"Fast & Furious 9": Das "Höher, schneller, sinnfreier"-Prinzip
Bereits im letzten Teil, ohne den verstorbenen Paul Walker, griff das "Höher, schneller, sinnfreier"-Prinzip, mit einer U-Boot-Verfolgungsjagd auf Eisschollen. Da ist der Abflug in den Weltraum nur noch konsequent, auch wenn mit Justin Lin wieder ein alter Bekannter von "Fast & Furious" auf dem Regiestuhl Platz nimmt.
Vor zehn Jahren legte Lin bei der Familien-Raser-Serie für Tuning-Fans einen höheren Gang ein: mit dem gleichsam raffinierten wie spektakulären Einbrecherfilm "Fast Five". Bei seinem Blockbuster-Comeback möchte Lin die Vergangenheit des Macho-Outlaws Dom (Vin Diesel) ergründen. In einer langen Rückblende wird überraschend sein jüngerer Bruder Jakob (Finn Cole, später mit ungeheurer Physis verkörpert vom Ex-Wrestler John Cena) enthüllt, den Dom für den Unfalltod seines Vaters verantwortlich macht. Als der enthemmte Milliardärs-Sohn Otto (Thue Ersted Rasmussen) mit Hilfe eines Waffensysteme kontrollierenden Computer-Programms, ganz als wäre er ein James-Bond-Bösewicht, nach der Weltherrschaft greift, kommt es erneut zum Bruderkampf.
Denn Jakob, mittlerweile Profikiller, aber noch voller Minderwertigkeitskomplexe, unterstützt Otto, was Dom und seiner bewährten Gang (nur Dwayne Johnson fehlt) verständlicherweise nicht schmeckt. Was nun folgt ist reines Überwältigungskino, mit bekloppten Verfolgungsjagden über Minenfeldern oder herrlich absurden Einfällen wie der Einsatz von Supermagneten.
Zwischen all dem von jeglicher Logik befreiten Eskapismus, der weltweit, trotz Corona-Beschränkungen, bereits ein Millionenpublikum zurück in die Kinos lockt, finden sich wie mit dem lässigen Raser-Auftritt von Helen Mirren auch immer wieder charmante Anspielungen an 20 Jahre "Fast & Furious". Und am Ende bringt Dom die Essenz der schlichten Film-Reihe auch noch stimmig auf den Punkt: "Alles was ich gelernt habe, habe ich auf der Straße gelernt."
Kinos: Cincinnati, Cinema (OV), CinemaxX, Gloria, Mathäser, Royal R: Justin Lin (USA, 143 Min.)