Falsch verbunden?
Hollywood-Stars in den Hauptrollen, eine internationale Auswertung und einen Bestseller als Vorlage – mit diesem Filmgeschäfts-Cocktail hat Bernd Eichinger jahrelang die deutsche Kinolandschaft durchgeschüttelt, und für Erfolge wie „Der Name der Rose” gesorgt. Jetzt wagt es mit dem gebürtigen Münchner Stefan Arndt endlich ein weiterer deutscher Produzent, in seine Fußstapfen zu treten.
„Cloud Atlas” heißt das laut Arndt „größenwahnsinnige” Projekt seiner Berliner Firma X-Filme Creative Pool. Ein verkopfter 100 Millionen-Dollar-Independentfilm, fast drei Stunden lang, gedreht von drei Regisseuren, in denen Stars wie Tom Hanks, Halle Berry und Hugh Grant bis zu sechs Rollen übernehmen.
Die Frage bleibt: Kann so ein Filmepos, das über Vorverkäufe und asiatische und europäische Geldgeber überhaupt möglich gemacht wurde, seine Kosten wieder einspielen? Eine eindeutige Antwort gibt es bisher nicht. In den USA ist „Cloud Atlas” bereits gefloppt, in Russland legte er einen glänzenden Start hin.
Dieses Weder Noch an den Kinokassen gilt auch für die Qualität des Films. Dem Leitsatz („Alles ist verbunden”) gemäß, zappt der Film zunächst scheinbar wahllos zwischen sechs Geschichten hin und her. So begegnet man einem Seefahrer, der sich Mitte des 19. Jahrhunderts auf eine Entdeckungsreise begibt, springt zu einem Briefe schreibenden Komponisten, der sich nicht nur an seinen Freund, sondern – beruflich – auch an ein altes Musikgenie heranmacht.
Und weiter geht die Film-Reise, nimmt eine Thrillerabzweigung in die 70er Jahre, wo eine Journalisten einen Energie-Skandal aufdecken will und landet im Komödiengenre bei einem geschäfts(un)tüchtigen Verleger.
Einen Blick in die Zukunft hat „Cloud Atlas” auch parat. In einer apokalyptischen Neon-Kulisse leisten in Seoul geklonte Frauen die Drecks-Servicearbeit, während sich Tom Hanks in einer steinzeitlich-archaischen Parallelwelt mit wilden Kriegern herumschlagen muss.
Tom Tykwer und die Wachowskis setzen sich bei ihrem Trip durchaus ernsthaft mit Themen wie Reinkarnation, wechselnden Geschlechterrollen und der Unveränderlichkeit der menschlichen Natur auseinander. Trotz aller Bildgewalt und Freude am Film(Genre)Zitat, bleibt am Ende aber ein Völlegefühl, ein „Zuviel des Guten” übrig. „Cloud Atlas” merkt man dann auch den künstlerischen Kraftakt, den so eine Produktion erfordert, an. So fällt es schwer, sich auf die pathetisch-schwerfällige Star-Maskerade einzulassen. Und der Mangel an Identifikationsmöglichkeiten könnte dem Film an den Kassen letztlich doch das Genick brechen.
Kino: Arri, Cinema (OV), Cinemaxx, City, Eldorado (OmU), Lichtspiele (OV), Mathäser, Mü. Freiheit, Royal
R: Tom Tykwer, Andy und Lana Wachowski
(D, USA, 172 Min.)