Fahle, tödliche Spielhöllen
Man kann Filme intellektuell überhöhen. Oder es auch bleiben lassen.
Als „Killing Them Softly” in Cannes gezeigt wurde, und Brad Pitt dort mit seinen jetzt langen blonden Haaren und jungenhafter Coolness allen die Show stahl, waren sich die meisten einig: Der eisenharte Thriller, der 2008, am Ende der Bush-Ära spielt, ist eine Parabel auf den moralischen Zustand Amerikas – nachdem der von Anfang an verwerfliche Irakkrieg endgültig zwischen Guantanamo und Abu Graib im blutigen moralischen Morast und Bürgerkrieg versank und Banken kollabierten, aber sich die Zockerganoven aus den Hochglanz-Banketagen mit Steuermilliarden aus der Affäre zogen.
Dann aber kamen erst einmal „Hope” und „Change”. Nicht so im Film, wo man im Hintergrund in schäbigen Bars auf den TV-Bildschirmen den US-Obama-Wahlkampf und Wall-Street-Horrorzahlen flimmern sieht. New Orleans – noch Jahre nach der Hurrikan-Flutkatastrophe nicht auf die Beine gekommen – ist hier die symbolisch-konkrete Stadt, die für das ruinierte, verödete Spiel- und Schlachtfeld Amerika steht.
Im Vordergrund erledigt der Auftragskiller Cogan (Pitt) sein schmutziges Geschäft. Das aber verkauft er uns Zuschauern, sich und der auftragsgebenden Glücksspiel-Mafia als „kurz und schmerzlos”, also „sauber”. Außerdem sind seine Opfer ja selbst „nur” kleinkriminelle Hinterzimmer-Zocker. Regisseur Andrew Dominik hat das von den Coen-Brüdern erprobte „Fargo”-Konzept angewandt: Pitt bekommt einen unfähigen Killer-Partner (James Gandolfini) zur Seite, der die „Sauberkeit” der Auftragserfüllung vermasselt. Es kommt zu blutigen Lynch-Szenen (mit Ray Liotta als Opfer, der sich als verkleinbürgerlichter Ganove vergeblich aus dem kriminellen Milieu befreien will).
Der Film ist fahl wie die Stadtbrachen, abgefuckt wie die versteckten Spielhöllen – und kaltblütig cool. Aber man muss die Zuschauer warnen: „Killing Them Softly” ist so brutal, dass beim Niederprügeln eines möglichen Verräters so viele Zähne und Rippen brechen, dass einem schlecht werden kann.
Kino: Neues Gabriel, Mathäser, Leopold (auch OmU), Monopol (OmU), Cinema (OV)
R: Andrew Dominik (USA, 99 Min.)
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