Kritik

Ethan Coen spielt mit Lesbensex in "Drive-Away Dolls"

Halber Coenbrüder-Film: Ethan dreht ein Lesbentrip-Roadmovie ohne Originalität
Adrian Prechtel
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Die langsam auftauende Prüde und die sexuell Unbekümmerte: Geraldine Viswanathan und Margaret Qualley mit dem Dildokoffer in Ethan Coens Film "Drive-Away Dolls".
Wilson Webb / Working Title 3 Die langsam auftauende Prüde und die sexuell Unbekümmerte: Geraldine Viswanathan und Margaret Qualley mit dem Dildokoffer in Ethan Coens Film "Drive-Away Dolls".
Matt Damon als Senator Channel.
Wilson Webb / Working Title 3 Matt Damon als Senator Channel.
Hinter dem Koffer her: C.J. Willson, Colman Domingo und Joey Slotnick
Wilson Webb / Working Title 3 Hinter dem Koffer her: C.J. Willson, Colman Domingo und Joey Slotnick

Schnell hat man das Gefühl, in einem Film zu sein, den man schon zigmal gesehen hat. Schon die Bar der Eingangssequenz, wo eine Kofferübergabe stattfinden soll, scheint von David Lynch gebaut: leicht angeranzt, schummrig - und bei den ganz wenigen Typen, die hier rumhängen, ist man froh, dass außen noch Tag ist.

Wenige Minuten später wird der Kofferträger in einer Backstreet zwischen Mülltonnen erdrosselt und der Kopf abgesägt. Was wiederum an ironisch-blutigen Splatter von Quentin Tarantino erinnert, wenn auch sanft abgemildert. Und wenn auf der Suche nach dem Koffer in einer heruntergekommenen Mitfahrzentrale der alte Besitzer hinter dem Schalter zusammengetreten wird, weiß man schon lange, dass im Koffer eine wichtige Sache sein muss. Das Auto mit dem Objekt der Begierde ist aber leider schon Richtung Florida unterwegs - mit zwei Mädels am Steuer, die von ihrer Fracht natürlich nichts wissen.

Alles wie gewohnt bei Tarantino, Woody Allen und Coen selbst

Auch die Verfolger sind schon wieder ein allzu klassisches, vom Gangsterboss zwangsweise zusammengespanntes gegensätzliches Ganovenpaar, wie man es aus "Fargo" kennt, dem Film, mit dem die Coen-Brüder 1996 endgültig weltberühmt wurden.

Matt Damon als Senator Channel.
Matt Damon als Senator Channel. © Wilson Webb / Working Title

Bei "Drive-Away Dolls" ist Joel Coen (69) aber nicht dabei, und Regiebruder Ethan (66) hat in seinem Film als einzige neue Idee - die auch nicht mehr ganz so hip ist - zwei Lesben in den Mittelpunkt gerückt. In den Dialogen über Beziehungs- und Lebensprobleme kommt dann zwischenzeitlich sogar Woody-Allen-Sextalk-Stimmung auf. Aber dann geht dem Ping-Pong doch schnell wieder die witzige Luft aus: "Hätte Jamies Pussy eine Parkuhr, könnten wir in Rente gehen", sagt die Ex der einen - und hat beim Zuschauer einen Lacher auf ihrer Seite, wenn auch nicht sehr elegant. Denn Jamie (Margaret Qualley) ist permanent auf Sex aus.

Fummelparty einer Frauenfussballmannschaft

Und so erlebt man als Zuschauer viele lesbische Sexszenen, inklusive einer Fummelparty einer Frauenfußballmannschaft.

Leider hat Jamie aber mit Marian (Geraldine Viswanathan) eine Freundin im Auto, die wie aus einem katholischen Mädchenpensionat wirkt. Jamie will also Marian dauernd entklemmen - mit mäßigem Witz und erst spätem Erfolg.

Dildos im Koffer

Zuvor werden die Frauen auch noch zufällig herausfinden, was sie im Kofferraum ganz arglos transportieren: Im Koffer sind Dildos in Form von Penisabgüssen. Und da macht Ethan Coen dann noch am Rande eine kleine politische Geschichte auf, weil eines der Abgüsse von einem konservativen Senator (Matt Damon) stammt, der jetzt US-Präsident werden will und Angst hat, mit dem Abguss erpresst zu werden.

Hinter dem Koffer her: C.J. Willson, Colman Domingo und Joey Slotnick
Hinter dem Koffer her: C.J. Willson, Colman Domingo und Joey Slotnick © Wilson Webb / Working Title

Aus Dykes wurden Dolls

Das alles zusammen ist ganz amüsant, aber hat nichts Geistreiches, Bewegendes oder besonders Spannendes. Warum der Film 1999 spielen soll, bleibt auch ein Rätsel. "Drive-Away Dolls" ist wie ein alberner, etwas trashiger Jungsfilm, nur dass es eben um Mädels geht. In diesem Falle aber - und das wiederum ist wirklich lässig - mit einer erfrischenden lesbischen Selbstverständlichkeit.

Der Weltverleih soll den ursprünglichen Titel "Drive-Away Dykes" abgelehnt haben, weil das Wort "Dyke" für Lesbe zu abwertend und slanghaft sei. Das wiederum ist bei der billigen, fast B-Movie-Machart des Films natürlich lächerlich.

K: Monopol (OmU), Mathäser City (OmU und OV) sowie Cinema, Museum (OV)
R: Ethan Coen (USA, Min.)

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