Es war einmal in den Alpen

Der Münchner Journalist Thomas Willmann landete vor vier Jahren mit dem Roman „Das finstere Tal“ einen Überraschungsbestseller. Nun kommt die großartige Verfilmung in die Kinos - ein Gespräch mit dem Regisseur
Margret Köhler |
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Der Münchner Journalisten Thomas Willmann landete vor vier Jahren mit dem Roman „Das finstere Tal“ einen Überraschungsbestseller. Nun kommt die großartige Verfilmung in die Kinos - ein Gespräch mit dem Regisseur

Ein düsterer Alpenwestern im Schnee. Der österreichische Regisseur Andreas Prochaska („Spuren des Bösen“) traut sich mit „Das finstere Tal“ an einen klassischen Western-Plot um Rache und Schuld, Kampf des Guten gegen die Bösen und macht dem uramerikanisches Genre Konkurrenz. Der wohl bisher beste Film der Berlinale, nach der Romanvorlage des Münchner Journalisten Thomas Willmann, feierte seine Weltpremiere aber nicht im Wettbewerb, sondern in einer Special Gala. Eine Entscheidung, die niemand so richtig versteht. Der Film aber startet diesen Donnerstag in den Kinos.

AZ: Herr Prochaska, was bitte ist ein „Alpenwestern“?
ANDREAS PROCHASKA: Ein einsamer Reiter und namenloser Fremder, der in dieses Tal kommt, das klassische Western-Setup. Nur liegt dieses Tal nicht in den Rocky Mountains, sondern in den Alpen, und hat eine Verbindung zwischen dem Hier und der großen Welt und dem Wilden Westen, das ist sehr speziell. Bei der Motivsuche für einen anderen Film habe ich mir die Frage gestellt, wie das Mitte des 19. Jahrhunderts gewesen sein muss, wenn da ein Fremder in eine verschworene Dorfgemeinschaft gekommen ist. Das war für mich wie im Western. Und der lag sozusagen vor der Haustür.

Und dann haben Sie Thomas Willmanns Roman verfilmt?
Der fiel mir erst später in die Hände. Genau die Geschichte, nach der ich lange gesucht hatte. Ich habe als Erster den Autor kontaktiert, und anschließend hat sich die gefühlte halbe deutsche Filmbranche bei ihm angestellt, um die Rechte zu erhalten. Es hat noch ein Jahr gedauert, wir haben uns oft getroffen und ich habe ihm reinen Wein eingeschenkt, dass ich die Geschichte toll finde, aber das Drehbuch schreiben und meinen Film machen werde.

Mit Sam Riley als einsamen Western-Held und Tobias Moretti als Anführer der Brenner-Söhne gelang Ihnen eine tolle Besetzung.
Wenn das Casting nicht stimmt, funktioniert die ganze Geschichte nicht. Die beiden sind Super-Gegenspieler. Moretti ist ein Kraftpaket, und Riley spielt einen Mann, den man leicht unterschätzt aufgrund seiner Melancholie und Schweigsamkeit. Aber der zeigt’s ihnen dann. Glaubwürdigkeit war unser oberstes Gebot. Deshalb engagierten wir auch Komparsen aus der Gegend, die ertrugen stoisch jede Witterung. Manchmal war’s schon hart. Regen, Dreck, Kälte und Schnee können uns nach diesem Dreh nicht mehr schrecken.

Sie hoppen von einem Genre zum nächsten: Drama, Komödie, Thriller, Horrorfilm, Literaturverfilmung… Fürchten Sie sich vor Routine?
Die fünfte Komödie, den dritten Western oder das vierte Drama zu realisieren, fände ich fad. Ich suche immer neue Herausforderungen. Bei einer guten Geschichte ist mir das Genre egal. Gäbe es einen großen künstlerischen Lebensplan, hieße der, alles mal auszuprobieren. Eine Liebesgeschichte, ein Musical oder Science Fiction wären auch nicht schlecht.

Ihr Hauptdarsteller Sam Reily lobt Sie als jemand, der „weiß, was er will und was er nicht will“.
Ich habe eine Vorstellung dessen, was ich erreichen möchte und habe auch alles gerne unter Kontrolle, bewahre mir aber gleichzeitig auch eine Offenheit und Flexibilität. Dabei bin ich immer höflich und behandele alle mit Respekt. Ich habe selber die Ochsentour gemacht und als Produktionsfahrer und Kabelträger angefangen und gelernt, ein Fahrer ist genauso wichtig wie ein Kamera-Assistent. Alle müssen funktionieren, alle sind Rädchen im Betrieb. Wer das nicht kapiert, hat verloren.

Sie waren lange Jahre Cutter bei Michael Haneke. Was haben Sie von ihm gelernt?
Genauigkeit, Hartnäckigkeit, Durchsetzungsfähigkeit und nie aufgeben.

Derzeit haben Sie das, was man einen „guten Lauf“ nennt. Einen Emmy für „Das Wunder von Kärnten“, den Bayerischen Filmpreis für „Das finstere Tal“, Weltpremiere auf der Berlinale…
Ich bin happy, dass meine Arbeit so viel Anerkennung im Moment erfährt. Alles wunderbare Überraschungen, Erfolg kann man eben nicht steuern. Wer weiß, wie lange ich noch auf dieser Wolke schwebe. So eine Geschichte wie „Das finstere Tal“ fällt einem nicht oft in den Schoß. Die Latte liegt jetzt hoch.

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