Eine königliche Karriere: "The Crown"-Star Claire Foy im Porträt

Die Serie "The Crown" machte Claire Foy weltbekannt, nun startet sie ihre Kinolaufbahn – mit vielen Facetten.
von  Bernhard Lackner

Man kann sich das nur schwer vorstellen: Demnächst regiert in Großbritannien eine neue Königin. Jawohl, richtig gelesen: eine neue Königin. Denn Claire Foy verlässt nach zwei Staffeln die sensationelle Netflix-Serie "The Crown", die die Geschichte von Queen Elizabeth und dem britischen Königshaus von 1947 bis heute erzählt. Foy hat den Buckingham Palace als relativ unbekannte Schauspielerin betreten – und verlässt ihn mutmaßlich als künftiger Weltstar.

In den nächsten Wochen ist sie gleich in zwei Hauptrollen im Kino zu sehen, in "Unsane" und "Solange ich atme". Dabei war sie bis vor Kurzem jenseits ihrer Heimat weitgehend unbekannt. Die 33-Jährige ist im Norden Englands aufgewachsen, hatte 2008 ihren Durchbruch als Titelfigur in der Emmy-prämierten Mini-TV-Serie "Little Dorit" nach Charles Dickens.

Sie war auch am Theater tätig, unter anderem als Lady Macbeth am Londoner West End. In der BBC-Miniserie "Wolf Hall" spielte sie dann 2015 erstmals eine englische Königin, deren Schicksal jedoch ungünstiger verlief: Anne Boleyn, die zweite Frau Heinrichs VIII wurde bekanntlich 1536 enthauptet.

Queen Elizabeth - eine schwere Rolle

In "The Crown" meisterte Claire Foy dann eine denkbar große Herausforderung: Schließlich sind die Briten mit Habitus, Sprache und Ausstrahlung ihrer Queen bestens vertraut. Die musste sie treffen – und außerdem eine Serie als Hauptfigur tragen, die eher passiv ist und sich schon bald kaum mehr verändert. Die Rolle widersprach also den typischen Hauptfiguren, die Geschichten vorantreiben und sich dabei als Persönlichkeiten entwickeln. Und dann sah gerüchteweise auch noch die leibhaftige Queen zu, wie Claire Foy sich das so vorstellt: als Elizabeth durchs Leben zu gehen.

Ihre königliche Einschätzung ist unbekannt, für den gewöhnlichen Zuschauer ist Claire Foys Spiel eine Offenbarung: Sie verleiht der Rolle eine bemerkenswerte Komplexität und Tiefe. Diese Elizabeth ist scheu, aber zugleich bestimmt und auf vornehme Weise resolut. Foy macht eine Frau zur Identifikationsfigur, die – nach Ansicht des brillanten Showrunners Peter Morgan – einer lächerlichen Institution vorsteht: Eine Frau, die ihre göttliche Bestimmung ernst nimmt und alles der Stabilität der Monarchie unterordnet. Selbst wenn sie dafür das private Glück der Schwester opfern oder den segelohrigen Sohn in ein Internat schicken muss, das er als Hölle auf Erden empfindet.

Claire Foy erhielt für ihre Leistung den Golden Globe und den Screen Actors Guild Award. Und wurde ungewollt zur Symbolfigur im Kampf um gleiche Bezahlung im Filmbusiness: Der Aufschrei war groß, als Anfang März bekannt wurde, dass ihr Film-Gatte Matt Smith ein höheres Honorar erhielt als sie. Foy äußerte sich lange nicht dazu – bis diese Woche. "Ich bin nicht überrascht, dass die Leute das gelesen haben und ein bisschen seltsam finden", sagte sie "Entertainment Weekly". Aber es sei ebenfalls seltsam, "sich selbst in einer solchen Situation wiederzufinden, um die du nicht gebeten hast." Nicht gebeten hatte sie auch um weitere negative Schlagzeilen: Sie trennte sich von Ehemann Stephen Campbell Moore, der sich im vergangenen Jahr einen Hirntumor entfernen lassen musste.

Auch Claire Fay greift mal daneben

Seit dieser Woche ist sie nun als Hauptfigur auf der Kinoleinwand zu sehen. In Steven Soderberghs solidem, aber unspektakulären Psycho-Thriller "Unsane" spielt sie eine labile Frau, die gegen ihren Willen in einer psychiatrischen Einrichtung festgehalten wird. Foy verleiht dieser aggressiven, unsympathischen Figur nicht annähernd so viel Charisma wie der Queen, und doch zeigt sie auch hier ihr Können: Der Film lässt bis zum Ende offen, ob die junge Frau gesund ist und in einer kriminellen Klinik gefangen gehalten wird oder Wahnvorstellungen hat und zurecht behandelt wird. Foy schafft diesen Spagat, beide Optionen bleiben denkbar.

Mit dem Film "Solange ich atme", der am 19. April ins Kino kommt, griff Foy allerdings schwer daneben. Sie spielt Diane, die Frau des Geschäftsmanns Robin Cavendish (Andrew Garfield), der Ende der 1950er an Polio erkrankt, anschließend bis zum Hals gelähmt ist und künstlich beatmet werden muss. Zunächst verfällt er in eine tiefe Depression, doch dann holt ihn seine so liebevolle wie resolute Frau gegen den Willen der Klinik nach Hause. Und wie auf Knopfdruck ist er wieder bester Laune und steckt prompt mit wiedererwachter Lebenslust und Dauer-Grinsen sein ganzes Umfeld an.

Der Mutmach-Film, der auf einer wahren Geschichte beruht, feiert das Leben auf allzu plumpe, unterkomplexe Weise, und da ist auch Claire Foy auf verlorenem Posten. Die Frau, die sie spielt, nimmt die Dinge einfach, wie sie kommen, trotzt munter allen Widrigkeiten und strahlt ansonsten mit allen anderen um die Wette: Claire Foy kann dieser Figur keine Tiefe abgewinnen, sie bleibt so holzschnittartig wie alles an dem Film.

Foys Karriere wird das wohl nicht schaden. Denn die nächsten Filme sind schon in Arbeit: Sie spielt Lisbeth Salander in der Verfilmung von "Verschwörung", der Fortsetzung der Milleniums-Trilogie von Stieg Larsson. Und sie ist in "First Man" zu sehen, dem neuen Film von Damien Chazelle.

Mit dessen "La La Land" gewann Emma Stone den Oscar als Beste Hauptdarstellerin. An ihrer Seite spielte Superstar Ryan Gosling, und der ist auch bei "First Man" wieder dabei. Er spielt den Astronauten Neil Armstrong, Claire Foy dessen Ehefrau.

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