Eine Doku über die große Sängerin

„Maria by Callas“ von Tom Volf versucht der Wahrheit über die Sängerin auf die Spur zu kommen
von  Robert Braunmüller
Maria Callas 1958 in Mailand.
Maria Callas 1958 in Mailand. © Fonds de Dotation Maria Callas

Für den Verfasser dieser Rezension ist Maria Callas die größte Opernsängerin des 20. Jahrhunderts, unübertroffen in Rollen wie Cherubinis „Medea“, Puccinis „Tosca“, Donizettis „Lucia di Lammermoor“, aber auch als Kundry in Wagners „Parsifal“. Für andere Leute ist sie eine von Skandalen umwitterte Diva, die eine Affäre mit dem Reeder Aristoteles Onassis hatte. Der verließ sie bekanntermaßen, um die Präsidentenwitwe Jackie Kennedy zu ehelichen.

Über die 1923 in New York geborene und in Griechenland aufgewachsene Maria Anna Sofia Cecilia Kalogeropoulou etwas Neues zu sagen, ist schwer. Denn über sie wurde schon alles gesagt, und das in ziemlicher Ausführlichkeit von sehr vielen Leuten. Der französische Filmemacher und Schauspieler Tom Volf will in „Maria by Callas“ einen, wie er glaubt, völlig neuen Zugang gefunden haben: Mit Hilfe von Selbstaussagen will er der wahren Callas auf die Spur kommen.
Das ist naiv. Wieso sollten Selbstaussagen einen höheren Wahrheitswert besitzen als andere Interpretationen? Die Schauspielerin Eva Mattes verliest in „Maria by Callas“ aus dem Off Briefe der Sängerin. Aber hauptsächlich vertraut Volf auf amerikanische TV-Interviews – ein Genre, das bekanntlich bezüglich des Wahrheitswerts gleich nach dem Koran oder der Bibel rangiert.

Die Callas steigt aus dem Auto und streichelt ihr Hündchen

Über die Callas erfährt man da, sie sei eigentlich eine ganz normale Frau. Sie habe das leben wollen, was man vor 60 Jahren für ein normales weibliches Leben hielt – mit Küche, Ehemann und Kindern. Das Schicksal habe ihr aber eine künstlerische Mission auferlegt, der sie ihre privaten Wünsche geopfert habe.

So weit, so banal, so typisch. „Maria by Callas“ zeigt außerdem, wie die Sängerin liebevoll ein Hündchen streichelt, das ihr die Kinder ersetzte. Außerdem steigt die Callas pro Filmminute ungefähr fünfmal aus einem Auto aus. Dafür gibt es offenbar eine unendliche Fülle von Filmmaterial. Der Schwerpunkt von Volfs Interesse liegt eindeutig auf der gescheiterten Ehe mit Giovanni Battista Meneghini, der Affäre mit Onassis und den berühmt-berüchtigten Skandalen wie der abgebrochenen „Norma“ und dem Streit mit dem New Yorker Intendanten Rudolf Bing.

Der Autor dieser Zeilen gesteht, dass ihn dieser Klatsch nicht im Geringsten interessiert. Volf hat dazu auch nichts irgendwie Originelles zu sagen. Außerdem gibt es eine Menge Wochenschau-Aufnahmen von Opern- und Konzertauftritten, die den Klatsch allerdings nicht wirklich aufwiegen.

Daher: Besser wieder mal Puccinis „Tosca“ unter Victor de Sabata anhören. Oder das Video des zweiten Akts dieser Oper aus Covent Garden ansehen. Aus beidem erfährt man mehr über die Callas als aus diesem wichtigtuerischen Film.    

R: Tom Volf (Frankreich 2017, 113 Min), Kinos: Atelier, Kino Solln, Münchner Freiheit, Neues Rex, Rio, Studio Isabella, Theatiner

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