Kritik

"Flow": Ein Oscar für die Katze

Oscar als bester Animationsfilm: Der poetisch visionäre Animationsfilm "Flow" erzählt von der Flucht einer Katze nach einer gewaltigen Sintflut
Florian Koch |
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Bootsreise ins Ungewisse: Eine Katze wächst in diesem Animationsfilm über sich hinaus und lernt, mit anderen Tieren zu kooperieren.
Dream Well Studio, Sacrebleu Productions, Take Five 3 Bootsreise ins Ungewisse: Eine Katze wächst in diesem Animationsfilm über sich hinaus und lernt, mit anderen Tieren zu kooperieren.
Der Lemur ist ein bisschen eitel.
Dream Well Studio, Sacrebleu Productions, Take Five 3 Der Lemur ist ein bisschen eitel.
Auf dem  Schiff retten sich die  Tiere vor der Flut.
Dream Well Studio, Sacrebleu Productions, Take Five 3 Auf dem Schiff retten sich die Tiere vor der Flut.

Viele US-Animationsfilme scheint die Angst vor Langeweile voranzutreiben. Immer schneller werden Actionszenen getaktet, immer hektischer wird die Jagd nach Gags, siehe etwa die "Minions"-Reihe. Andere Trickfilme wie "Mufasa: Der König der Löwen" sind vernarrt in ihre Fotorealistik. Auf der Strecke bleibt der künstlerische Ausdruck.

"Flow" entstand mit einem winzigen Budget 

Ganz anders ist das bei "Flow", der in poetischen Bildern wie "Der Junge und der Reiher" seine Vorbilder hat. Der lettisch-französischen Koproduktion ist es gelungen, die übermächtige Hollywood-Konkurrenz bei den Oscars zu düpieren - und das ganz ohne Marketing-Power mit einem Filmbudget von nur 3,5 Millionen Euro und dem kompletten Verzicht auf Sprache.

Die Tiere in der Dystopie von Gints Zilbalodis kommunizieren mit ihren Lauten und Geräuschen, die der Wirklichkeit entsprechen. Irritierend surreal ist dagegen zunächst ihr Erscheinungsbild. Das Fell der grauschwarzen Katze, die Federn des Greifvogels: Ihnen fehlen die Details. Der Macher von "Flow", Selfmade-Künstler Gints Zilbalodis, arbeitet mit der freien Software Blender, setzt die schwer greifbaren, wie aus alten Videospielen entsprungenem Lebewesen in beeindruckend realistische 3D-Landschaften. Der ästhetische Kontrast trifft den verträumten Fabelcharakter dieser ohne Feinde auskommenden Odyssee kongenial.

Der Lemur ist ein bisschen eitel.
Der Lemur ist ein bisschen eitel. © Dream Well Studio, Sacrebleu Productions, Take Five

Eine rätselhaft unbestimmte Zukunftswelt wird heraufbeschworen. Die Menschen sind offenbar vom Planeten Erde verschwunden oder von einer Sintflut weggespült. Zurück geblieben sind Häuser, Kunstwerke, Objekte der Zivilisation. Aber Tiere sind noch da. Auch sie müssen ums Überleben kämpfen. Denn "Flow" beginnt mit einer gewaltigen Flutwelle. Erst bedächtig, dann bedrohlich steigt der Wasserpegel im Wald. Wir beobachten das mit den Augen einer verängstigten Katze und folgen ihr mit einer dynamischen Kamera. Zunächst begreift sie nicht die Gefahr, springt auf Bäume und rätselhafte Skulpturen, um dem Wasser zu entkommen. Am Ende ist es ein abgetakeltes, herrenlos treibendes Segelboot, das Rettung bringt. Doch die Katze ist nicht allein an Bord. Auch andere Tiere retten sich auf das Schiff.

Auf dem  Schiff retten sich die  Tiere vor der Flut.
Auf dem Schiff retten sich die Tiere vor der Flut. © Dream Well Studio, Sacrebleu Productions, Take Five

Der Wesenskern der diversen Bootsbesatzung bleibt gewahrt: Da ist die schreckhafte, egoistische Katze, ein aufs Spielen konzentrierter Hund, da sind auf glitzernde Besitztümer fixierte Lemuren, ein sich selbst genügendes Wasserschwein und der dominant-erhabene Sekretär-Greifvogel. Ohne sie zu vermenschlichen, gelingt es dem Filmemacher, diese so unterschiedlichen Lebewesen in einer ungewissen Überlebens-Mission aneinander wachsen zu lassen, ein Überlebens-Gemeinshaft zu bilden.

Denn neben der ökologischen Drohkulisse ist es vor allem die Migration und damit das schwierige Miteinander unterschiedlicher Kulturen, die den feinsinnigen Filmemacher interessiert. Ganz tief steckt in diesem visionären Film die Hoffnung, dass sich Lebewesen unterschiedlichster Couleur doch zusammenschließen, wenn es drauf ankommt.

 

Kino: City, Solln, Leopold, Mathäser, Monopol, Rex, Rio
R: Gints Zilbalodis (LV, 84 Min.)

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