Dustin Hoffmans Regiedebüt: Von wegen ausgesungen

Dustin Hoffman trifft mit seinem Regiedebüt „Quartett” über vier singende Senioren dank erstklassiger Altstars die richtigen Töne
von  Florian Koch

Wann ist der richtige Zeitpunkt, um aufzuhören? Eine scheinbar simple Frage. Für Spitzensportler und Spitzensänger aber eine, die kaum zu beantworten ist. Zu schwer fällt es, sich vom Rampenlicht zu lösen und nicht mehr die Ovationen von Presse und Publikum zu genießen.

Die Angst davor, zu versagen, nicht mehr an alte Leistungen anknüpfen zu können und sich selbst und andere zu enttäuschen, spielt in Dustin Hoffmans Regiedebüt „Quartett” eine große Rolle. Und trotz nachdenklicher Momente ist sein auf einem Theaterstück von Ronald Harwood basierender Film kein bitteres Drama geworden, sondern eine vergnüglich-charmante, liebevoll-sentimentale Komödie. Den zu erwartenden Erfolg hat Hoffman vor allem seinem spielfreudigen Darstellerquartett zu verdanken, dass sich mit Verve, Kauzigkeit und britischem Humor in seine Altersrollen stürzt.

Die Bewohner der Musiker-Seniorenresidenz „Beecham House” sind in Aufruhr. Ein neuer Gast hat sich angekündigt: die berühmte Sopranistin Jean Horton (Maggie Smith). Weniger erbaut über den Besuch der Diva ist der introvertierte Reggie (Tom Courtenay). Der sensible Grantler war einst mit ihr verheiratet. Doch die Ehe war kurz, schmerzvoll und beschäftigt den Senioren, der Jugendlichen die Liebe zur Oper näherbringen will, immer noch. Die Annäherung der beiden eigensinnigen Ex-Stars ist zwar vorhersehbar, wird von Hoffman aber mit Eleganz und Feingefühl inszeniert. Das gilt auch für den Plot, der sich bereits aus dem Titel herleiten lässt.

Jean und Reggie sollen gemeinsam mit dem alters-notgeilen Komiker Wilf (Billy Connolly) und der leicht verwirrten, schrillen Cissy (Pauline Collins) wie in alten Zeiten „Bella figlia dell’amore” aus Verdis „Rigoletto” aufführen, denn die Seniorenresidenz braucht dringend Geld. Aber die Frage bleibt, ob die fantastischen Vier sich trotz verletzter Eitelkeiten, Zipperlein und schwächelnder Stimmen noch einmal zusammenraufen.

Und auch, wenn Hoffmans „Quartett”, das sich wie das „Best Exotic Marigold Hotel” an ein für Produzenten immer wichtiger werdendes älteres Publikum richtet, gegen Ende an Biss und Überraschungsmomenten verliert, macht es – vor allem im Original – Spaß, den fantastischen britischen Schauspielern dabei zuzusehen, wie sie sich auf hohem Niveau genüsslich Bosheiten an den Kopf werfen.

Kino: Atelier (auch OmU), Gloria, Isabella, Münchner Freiheit, Rex, Sendlinger Tor, Solln, Museum Lichtspiele (OV)
R: Dustin Hoffman (GB, 98 Min.)

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