Duell der Männer: "Hagen - Im Tal der Nibelungen"

Sie wollen geliebt werden und auch Liebe zurückgeben. Aller Anstrengungen zum Trotz gelingt es diesen sogenannten "Incels", diesen unfreiwillig im Zölibat lebenden Männern, aber nicht, eine Partnerin zu finden. Was folgt ist nicht nur eine Wut gegen sich selbst, sondern vor allem gegen Frauen.
Spuren dieses aktuell vieldiskutierten Männertyps lassen sich im Nibelungenlied schon vor 1200 Jahren finden. Im Fantasyfilm "Hagen - Im Tal der Nibelungen" taugt nun dieser toxische, von den Nationalsozialisten auf Grund seiner Nibelungentreue sogar glorifizierte Antagonist zur positiv besetzten Hauptfigur.
Der rationale Taktiker
Die Idee für diese spannende Umdeutung hatte Wolfgang Hohlbein, der das Nibelungenlied 1986 in "Hagen von Tronje" auf links drehte. Der immer noch unterschätzte Fantasy-Autor charakterisiert den ewigen Widersacher und Mörder von Siegfried abseits von Wagner, Fritz Lang & Co. als prinzipientreuen Helden.

Der Reiz der 15 Millionen Euro teuren Verfilmung, die 2025 auch als sechsteilige Serie auf RTL+ ausgeweitet wird, besteht nun in der Gegenüberstellung zweier konträrer Männer. Den Typus des wild-anarchischen Heißsporns besetzt Siegfried (Jannis Niewöhner). Gönnerhaft bietet dieser egomanische Mittelalter-Popstar den geschwächten Burgundern seine Hilfe an. Im Gegenzug soll Kriemhild (Lilja van der Zwaag), die feingeistige, eher unscheinbare Schwester des schwächlich jungen Königs Gunther (Dominic Marcus Singer), seine Frau werden. Der seine Gefühle für Kriemhild unterdrückende Hagen, Typ rationaler Taktiker, baut einen Fallstrick in das Ehe-Versprechen ein: Siegfried und dessen Gollum artiger Adlatus Alberich (Johanna Kolberg) müssen Gunther dabei helfen die wild exzentrische und einst in Siegfried verliebte Walküre Brünhild (Rosalinde Mynster) zu besiegen, damit der liebestolle König sie später als seine Gattin am Hof stolz präsentieren kann.
Nahbarer Anti-Held
Abseits der Sympathie-Verschiebung hält sich die ambitionierte Neuverfilmung inhaltlich brav an den ersten Teil des Nibelungenlieds. Im Tonfall orientiert sich das Regiegespann Boss & Stennert ("Der Pass") an düstere, massentaugliche Fantasy-Erzählungen für ein jüngeres Publikum. Gerade in den auf Island gedrehten Walküren-Szenen gelingt eine magisch entrückte Ästhetik, die sich vor US-Vorbildern wie "Game of Thrones" nicht verstecken muss.

Etwas holprig wird es dagegen bei den angestrengt pathetischen Dialogen und den nur behauptet großen Schlachtenszenen, die auf Grund der Budget-Limitierung keinen "Herr der Ringe"-Bombast beinhalten.
Größter Trumpf des Films ist der Niederländer Gijs Naber, der als innerlich zerrissener "Treuester der Treuen" (Hohlbein) trotz Gefühlsdefizit nahbar und bemitleidenswert erscheint und einen übertrieben grimassierenden Jannis Niewöhner alias Siegfried auch darstellerisch klar in den Schatten stellt.
Kino: Astor Film Lounge, Mathäser, Royal, R: Cyrill Boss, Philipp Stennert, (D, 138 Min.)