"Downsizing" - Kleiner Mann, was nun?

Es ist die Geschichte einer Verzwergung. Norwegische Wissenschaftler haben den Schlüssel zur Bewältigung unserer Probleme gefunden: Alles in einem Zellverkleinerungs-Massenlabor auf ein Zwölftel runterfahren! In den USA findet sich – kommerzialisiert durch Drücker und Werbung – schnell eine größere Interessentengruppe. Und schon funktioniert er in "Downsizing" wieder: der amerikanische Traum.
Offiziell geht es zwar darum, den Ressourcenverbrauch der Menschheit – Platz, Energie, Müll – zu minimieren. Aber bald ist klar: Die Attraktion des Schrumpfens eröffnet der abstiegsbedrohten Mittelschicht die Möglichkeit, statt in Konsumkreditschulden endlich in Saus und Braus zu leben.
Die Klein-aber-fein-Utopie ist ein vielschichtiger Film
Denn im neuen "Leisure Land", einer Art Biosphären-Liliputanien unter einer Käseglocke mit immer schönem Illusionshimmel, kostet zum Beispiel eine sündhafte kubanische Edelzigarre im neuen Puppenformat eben nur einen Dollar. Und die bietet ein balkanischer Schmuggelmafiosi und Chefzyniker (Christoph Waltz) dem Neuankömmling (Matt Damon) auch gleich mal mit Klartext an: "Es geht doch ums Reichsein statt um den ganzen Weltrettungsscheiß!" Die Klein-aber-fein-Utopie von Regisseur Alexander Payne ("About Schmidt", "Sideways", "The Descendants") ist ein vielschichtiger Film geworden. Der ökologische Aspekt ist dabei noch eine klare Ohrfeige für den obersten Umwelt-Ignoranten Trump.
Dazu wirft Payne noch alle kleinbürgerlichen Lebenssinnfragen anhand der Figur von Matt Damon ein, der eigentlich Chirurg werden wollte und es in der großen weiten Welt nur zum chiropraktischen Betriebsarzt einer Fastfoodkette und zum Besitzer eines Vorstadtreihenhauses gebracht hat.
Die schöne, neue Welt ist so eine satirische Karikatur des erträumten American Way of Life und damit ein Spiegel für uns, wie auch schon Jonathan Swifts Klassiker "Gullivers Reisen" vor 300 Jahren kein Kinderspiel war. In "Downsizing", dieser Kleinbürgertraum-Abrechnung, sind auch noch Themen wie Migration und Billiglohn-Jobs hineingepackt.
Denn die kleine Welt der scheußlich neoklassizistischen Villen, der rosa Plastikspielplatz-Kindergeburtstage und giftgrünen Golfplätze bringt als ewige Kehrseite des kapitalistischen Systems auch noch die sozial erbärmliche Schattenwelt ausgebeuteter mexikanischer Billigarbeiter mit sich. Und sie beginnt im Film nicht zufällig auf der anderen Seite einer Mauer.
"Downsizing" befindet sich in einer Schwebe zwischen Komödie und Tragödie
Filme wie "Downsizing" seien letztlich große Werkzeuge, um Menschen empathischer werden zu lassen, hatte Matt Damon bei der Weltpremiere Ende August bei den Filmfestspielen von Venedig gesagt. Und in der Miniaturwelt geht Damon dann auch noch eine romantische Liebesgeschichte mit einer vietnamesischen Dissidentin (Hong Chau) ein, die eine radikal-emsige Humanitätskämpferin à la Aung San Suu Kyi ist.
"Downsizing" ist thematisch etwas überladen und in einer unentschiedenen Schwebe aus Komödie und Tragödie, und trotz des Schrumpfungs-Prozesses auch kein Science-Fiction-Film, weil er ästhetisch nicht zufällig sanft in die 50er zurückverweist. Denn das war die Schlüsselepoche des amerikanischen sozialen Aufstiegsversprechens, das eben mittlerweile durch Finanzkrisen, Einwanderungsdruck, krasser werdender sozialer Gegensätze aus der Sicht des weißen Mannes stark ramponiert erscheint.
Aber Schrumpfen ist eben auch nicht die große Lösung. Denn die würde beim ernsthaften Hinterfragen unseres Lebensstils und unserer Standards beginnen. Und dazu ist "Downsizing" eine kluge und amüsante Anregung.
Kinos: Arena (OmU), Cinema, Museum-Lichtspiele (beide OV), Mathäser (auch OV), CinemaxX, Gloria, Leopold Kinos, Royal Filmpalast Buch und Regie: Alexander Payne (USA, 131 Min.)