DOK.fest München - Thema Flüchtlinge: Kommen, bleiben oder gehen?

Auf das Leben von Migranten in Deutschland zu schauen, ist nicht so schwer. 700.000 Asylanträge gab es 2016. Dennoch ist der Film von Sandra Budesheim und Sabine Zimmer "Auf dünnem Eis – Die Asylentscheider" etwas Besonderes.
Er blickt in die Behörde, in die Persönlichkeiten und Köpfe der Entscheider. Ein lichter Raum in einer Außenstelle des Bundesamtes für Migration, der Sachbearbeiter stellt sich vor, zwischen ihm und dem Asylbewerber sitzt der Dolmetscher. "Guten Tag, (...), ich entscheide heute, ob sie in Deutschland bleiben können!"
Ein Schicksalssatz. "Fühlen Sie sich gesundheitlich in der Lage, dieses Gespräch zu führen?", dann die Bitte, "die Wahrheit zu sagen und nicht – was häufig vorkomme – zu übertreiben. Objektiv erlebt man alle Aspekte: den Druck auf den Befragten, bei denen es um alles geht, aber auch den Druck auf den "Entscheidern" zwischen Sachlichkeit und Empathie.
Auch Schulungsausschnitte sind zu sehen. Gegen Ende erlebt man die Entscheidungen. Ins Diktiergerät wird gesprochen: ... kein Flüchtling im Sinne der gesetzlichen Definition", und die Entscheiderin erklärt privat: "Ja, er sprach gut Deutsch, ist gebildet, sehr integrationswillig. Aber das zu prüfen ist nicht unsere Aufgabenstellung." Kann man da nicht mal ein Auge zudrücken? "Dann sind wir bei der Willkür!" Aber man spürt, dass hier ein Mensch in einer schizophrenen Situation ist.
Pia Lenz verfolgt als Regisseurin, Autorin und Kamerafrau das Schicksal einer syrischen und einer mazedonischen Familie in Deutschland am Beispiel zweier Kinder. Der Film besticht durch poetische Bilder und die unglaubliche Nähe, die Pia Lenz zu ihren Protagonisten aufbaut. Man sieht schon am Blick der elfjährigen Ghofra, wie diese allmählich das Heimweh nach Syrien ablegt und seelisch in der neuen Kultur ankommt. "Alles Gut" ist ein ruhiger, aber spektakulär bewegender Film, untermalt von atmosphärischer Musik von "The Notwist".
Der Film "Deportation Class" hat einen etwas unglücklichen Titel – er will auf die Passagierklassen im Flugzeug anspielen – und eine ungewöhnliche Geschichte. Denn als die Regisseure Hauke Wendler und Carsten Rau beim Innenministerium in Mecklenburg-Vorpommern anfragten, ob sie eine Abschiebung begleiten dürften, bekamen sie zu ihrer Überraschung ein: Ja! Der dortige Innenminister wollte selbst dabei sein und erhoffte sich eine gute PR als "harter Abschieber".
Aber der Film fällt anders aus. Nicht nur, dass man Lorenz Caffier sprachlos erlebt, als ihn das albanische Mädchen in fließendem Deutsch fragt, was sie, denn in Tirana machen solle, wo sie dort nichts hätten. Man wird auch Zeuge von merkwürdigen Methoden (Abholung drei Uhr nachts) und bekommt integrierte Jugendliche vorgestellt, deren Abschiebung absurd erscheint. "Deportation Class" ist dennoch kein polemischer Film, sondern ein gutes, faires Porträt von "Rückführungsmanagern", Polizisten, Rechtsanwälten und natürlich abgelehnten Asylbewerbern – hier einer albanischen Familie, die sich Zuhause vor der Blutrache fürchtet.
"Deportation Class": 8.5., 20 Uhr, Filmmuseum; 11.5., 14 Uhr, Atelier, und 12.5., 17 Uhr, Gasteig, Carl-Amery-Saal
"Auf dünnem Eis – Die Asylentscheider": Heute, 19 Uhr, Katholische Akademie sowie 10.5., 17 Uhr, HFF und 11.5., 21 Uhr, City.
"Alles Gut" läuft am 7.5 im Arri (16.30 Uhr), am 10.5. im City 2 (18 Uhr), am 12.5. im City 3 (16 Uhr) und am 14.5. im HFF-Kino 1 (16 Uhr).