"Dior und ich": Mode-Kino-Kunst

In „Dior und ich“ erobert Designer Raf Simons die Leinwand - mit einer Mode-Dokumentation, die sensibel hinter die Kulissen blickt.
von  Heidi Reutter

Als Raf Simons 2012 überraschend zum Chefdesigner bei Dior berufen wurde, war die Aufregung groß. Immerhin sollte der Belgier nach dem Rauswurf von John Galliano in zwei Monaten eine neue Kollektion entwerfen.

Der internationale Modezirkus ist bekanntlich eine Welt für sich, exzentrisch und selbstreferentiell. Aber er ist auch eine großzügige Plattform für große Dramen. Der in Modefilmen erprobte Frédéric Tcheng („Valentino: The Last Emperor“) gewährt jetzt wieder intime Einblicke in einen komplexen Kosmos voller Genialität und Perfektion, der nicht nur Modeaffine interessieren dürfte.

Es steht viel auf dem Spiel: nicht nur Geld, auch der exzellente Ruf des Hauses. Und der neue, Raf Simons, ist ein ziemlich introvertierter Typ. Einer, der nicht gern im Mittelpunkt und noch weniger gern unter Beobachtung steht.

Und dann ist da ständig dieses Filmteam, das über drei Monate lang dabei ist und dreht. Beim kreativen Entstehungsprozess, bei Auseinandersetzungen, beim Nähen in den Ateliers.

Es gelingt Regisseur Frédéric Tcheng immer ganz nah am Geschehen zu sein: als Simons erstmals dem Team im Hause Dior vorgestellt wird, bei seinen ersten Entwürfen bis zur großen Show, bei der Simons mit den Tränen kämpft, weil sich endlich die Anspannung der letzten Monate löst.

Die Kamera ist dabei diskret und doch unmittelbar. Was diesen Film ausmacht, ist der intime, private Blick und die dezente Annäherung an einen Menschen, der eigentlich die Kamera scheut.

Frédéric Tcheng ergänzt seine Aufnahmen mit historischem Material aus einer Dokumentation aus den 40er-Jahren. Dabei nutzt er Diors Überlegungen als Voice-over. Und siehe da, auch der große Meister hatte zu seiner Zeit die gleichen Ängste wie sein Nachfolger. Dior, Chapeau!

Kino: Arri, Eldorado sowie Theatiner (OV)
Regie: F. Tcheng (F, 89 Min.)

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