Die Waffen des Til Schweiger
Am Donnerstag kommt „Schutzengel” in die Kinos – und Deutschlands großer Star Til Schweiger umgeht erneut die Presse, setzt auf seine Familie und nutzt die Bundeswehr für PR-Zwecke und hofft, dass ihn das deutsche Publikum auch als Actionheld folgt.
Es war Juni in München, als Til Schweiger seinen neuen, noch geheimen Film auf der Diva-Gala kommentierte: „Ich bin nicht vorbereitet und habe auch schon etwas getrunken", meinte der Schauspieler: „Ich habe meinen Film einer Truppe von Soldaten in Afghanistan gezeigt. Die sind mutig, aber nicht ich. Kein Filmemacher ist mutig." Jetzt, kurz vor Start, hat „Schutzengel” für Unruhe gesorgt. Nicht etwa, weil Schweiger mutigerweise keine weitere Verhunzte-Tiernamen-Komödie gemacht hat. Sondern weil er auf die Medien pfeift. In „Schutzengel” tritt er als Ex-Afghanistansoldat auf, der im Alleingang den Personenschutz eines jungen Mädchens in Todesgefahr (gespielt von seiner Tochter Luna) übernimmt. Anlass genug, auf das Phänomen Schweiger einen näheren Blick zu werfen
UMGANG MIT KRITIK
In den USA ist es gang und gäbe, dass vor allem Horrorfilme der Presse nicht vorab gezeigt werden. In Deutschland sieht die Praxis anders aus. Nur Til Schweiger verweigert seit „Keinohrhasen” jegliche öffentliche Pressevorführungen seiner Filme – und wird vom Verband der Deutschen Filmkritik auch dafür gerügt, dass er „Schutzengel” mal wieder „nur einem handverlesenen Kreis von Berichterstattern” vorgestellt hätte. Schweiger selbst hat zu dem Thema seine ganz eigene Meinung: „Das Verhältnis Feuilleton/Til Schweiger, das wird nix mehr, das passt nicht zusammen... Wenn ihr den Film niedermachen wollt, dann geht ins Kino und blendet aus, dass um euch herum 700 Leute sitzen, die sich totlachen.” Schweiger kann sich diese radikale Ansicht leisten. Seine Filme laufen auch ohne Feuilleton-Reaktionen gut. Dennoch ist es schade, dass er nicht die Souveränität aufbringt, sich mit einem Film wie „Schutzengel”, der sogar in die engere Auslands-Oscar-Auswahl kam, der öffentlichen Diskussion zu stellen.
DER TATORT-ROWDIE
Als „wirklich outdated” kommentierte Til Schweiger den „ziemlich dämlichen” Tatort-Vorspann. Damit provozierte er Kollegen wie Ulrike Folkerts und viele Zuschauer, noch bevor er auch nur einen Fuß ins Hamburger Ermittlungsgebiet gesetzt hat. Damit nicht genug, hat der ARD-Revoluzzer auch für seinen Kommissar-Einstand Großes geplant: „Bei meinem ersten Fall wird man bestimmt nicht sehen, wie ich mein Büro beziehe und erst mal alle Anwesenden begrüße. Da wird gleich die Post abgehen.” Und überhaupt wolle er eher einen „Schimanski 2012 reloaded” drehen. Den Vorspann der Serie, die den unverkennbaren Startschuss in den Sonntagabend gibt, wird Schweiger jedoch nicht ändern können. Denn die Serie ist der Star, nicht der Kommissar.
DER DREH MIT DEN KIDS
Wie sehe ich meine Kinder, wenn ich von ihnen getrennt lebe und ständig arbeite? Auf diese Frage scheint Til Schweiger, der zur Zeit mit dem Model Svenja Holtmann liiert ist, eine einfache Antwort gefunden zu haben: Er lässt sie einfach in seinen Filmen mitspielen. Wobei „Keinohrhasen” und „Zweiohrküken” die Einzigen blieben, in denen der komplette Schweiger-Nachwuchs – Lilli, Luna, Valentin und Emma – vor der Kamera agierte. Warum auch in der Zukunft eine komplette Familien-Zusammenführung unwahrscheinlich ist, liegt nicht daran, dass Dana Schweiger die Nase voll von der Kinder-Vermarktung ihres Ex hätte: „Zwei meiner Kinder haben gar keine Lust, zu schauspielern”, erklärt Til Schweiger. Die anderen, Emma und Luna, dürfen beim Papa dafür Hauptrollen spielen. Emma, mit zehn Jahren die jüngste im Schweiger-Clan, drehte mit dem Vater „Kokowääh” und spielt bald auch in der Fortsetzung, Luna geht jetzt in „Schutzengel” mit ihrem Vater durch dick und dünn.
PR UND POLITIK
Kurz vor Anlaufen seiner Filme sorgt Schweiger des öfteren für Schlagzeilen – jedoch nicht mit Aussagen über den Film, sondern eher in Bezug auf (gesellschafts)politische Themen. Im Februar 2011 stellte er mit Jasmin Gerad „Kokowääh” im ZDF-Talk mit Markus Lanz vor. Das Gespräch kippte jedoch um, als die Mutter des ermordeten 8-jährigen Felix in der Sendung an die Reihe kam. Der vierfache Vater Schweiger geriet in Rage: „Deutsches Gutmenschentum kotzt mich an”, sagte er, kritisierte den Schutz der Täter in Deutschland und meinte: „Jemand, der eine Frau vergewaltigt oder eine Sexualstraftat begeht, der hat sein Recht in dieser Gesellschaft verwirkt."
Vor dem Kinostart von „Schutzengel” vermengt Schweiger offensiv PR und Politik: Im Juni flog er drei Tage ins afghanische Masar-i-Scharif, um 1000 deutschen Soldaten seinen Film vorab zu zeigen. Begleitet wurde er von Norbert Körzdörfer von der Bild-Zeitung, für die Schweiger jetzt exklusiv „Mein Afghanistan-Tagebuch” schreibt. Doch nicht nur das: Werturteile von einzelnen Truppenmitgliedern über den Film („sehr glaubwürdig”) sind nun in einem Trailer für „Schutzengel” zu sehen. Auf die Frage, wieso die Bundeswehr Werbung für Schweiger mache, antwortet Verteidigungsminister Thomas de Maizière in der „Bild”: „Nicht wir werben für Herrn Schweiger. Sondern Herr Schweiger macht Werbung für die Bundeswehr.” Eine Hand wäscht die andere. Sauber.
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