"Die Verschwundene": Krimi für Fortgeschrittene

Dominik Moll entwirft in der Romanverfilmung "Die Verschwundene" ein kunstvolles Rätsel.
Margret Köhler |
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Valeria Bruni Tedeschi (l.) und Nadia Tereszkiewicz in "Die Verschwundene".
Valeria Bruni Tedeschi (l.) und Nadia Tereszkiewicz in "Die Verschwundene". © Filmfest München

Im Dunkeln ein Schrei. Mord? Nein es ist nur eine auf dem Rücken eines Mannes festgebundene Ziege. Er kurvt auf dem Moped durch Abidjan an der heißen und staubigen Elfenbeinküste. Was folgt, ist ein Kontrastprogramm. In einem verschneiten Bergdorf steht ein verlassenes Auto am Straßenrand. Von der Fahrerin keine Spur.

Die Suche nach der Pariserin Evelyne (Valeria Bruni Tedeschi), die in einem Chalet in der Gegend ihre Zeit verbringt, bleibt erfolglos. Die Polizei kommt bei ihren Gesprächen mit den Bergbauern nicht weiter. Der psychisch labile Joseph, der mit der verheirateten Alice Sex hat, die in einer erkalteten Ehe mit ihrem Mann Michel lebt, scheinen nichts zu wissen.

Die Auflösung des Falls wird zur verrückten Überraschung

Auch die hübsche Marion aus Paris, die in einem Wohnwagen haust, ist ratlos. Die Auflösung des komplexen Falls entpuppt sich als verrückte Überraschung. Nach Colin Niels preisgekröntem Krimi "Seules les bêtes" entwirft Dominik Moll ein auf den ersten Blick wirres Puzzle, das sich in mehreren Kapiteln aus den verschiedenen Perspektiven der Protagonisten sukzessive zu einem in sich stimmigen Bild entwickelt, in dem sich das Schicksal von fünf Personen geheimnisvoll miteinander verknüpft.

Da bekommen die einzelnen Aktionen in der Rückblende plötzlich eine ganz andere Bedeutung und einen kristallklaren Zusammenhang. Auslöser des dubiosen Verschwindens in der französischen Einöde liegt weit entfernt in Abidjan, wo junge Männer ein lukratives Geschäftsmodell betreiben: Lüsternen, vorzugsweise älteren Europäern präsentieren sie falsche Lockvögel, die in heißen Chats Liebe vorgaukeln, um dann Geld für Flüge oder kranke Verwandte zu verlangen. Auf so einer Plattform entdeckt Michel die Blondine seines Lebens und löhnt seine Ersparnisse.

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Die sich über zwei Kontinente erstreckende Handlung stellt auch zwei Welten gegenüber, die verschlafene Abgeschiedenheit in Frankreich, wo unter der ruhigen Oberfläche die Emotionen brodeln, das quirlige Afrika mit Menschen, die jede Möglichkeit beim Schopf packen, aus der Armut herauszukommen, bei Männern oft durch Kriminalität, bei Frauen durch finanzielle Abhängigkeit von weißen Liebhabern.

Alle verkaufen ihre Seelen oder Körper, geht es doch ums Überleben. In dieser dramatischen und spannenden Studie über Einsamkeit hängen die Menschen hilflos in ihren Träumen und Sehnsüchten, die am Ende zerplatzen wie Luftballons.

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