Die Täuschung muss perfekt sein

Ben Afflecks stilsicherer Thriller "Argo" über einen irren CIA-Coup im Iran gilt bereits als heisser Oscarkandidat
von  Florian Koch

Ben Afflecks stilsicherer Thriller "Argo" über einen irren CIA-Coup im Iran gilt bereits als heisser Oscarkandidat

In Zeiten von SMS, Twitter oder Facebook ist ein Telefonanruf längst nur noch eine von vielen Kommunikationsformen. Wie nervenzerfetzend es sein kann, darauf zu warten, ob jemand doch endlich den Hörer abnimmt, das zeigt Ben Affleck in "Argo", einem Thriller, der im besten Sinne alte (Hollywood)-Schule ist.

Der Oscarkandidat handelt von einer spektakulären Befreiungsaktion, die erst bekannt wurde, als der US-Geheimdienst die lange Jahre unter Verschluss gehaltenen Akten öffnete. Im Iran regiert 1979 das Chaos. Der islamische Revolutionsführer Ajatollah Chomeini stürzt den Schah. Die Menschen sind aufgebracht, stürmen die US-Botschaft in Teheran, als sich herumspricht, dass der Schah in New York Zuflucht findet.

Affleck konzentriert sich in "Argo" darauf, was aus den sechs flüchtigen Amerikanern wurde, die unerkannt in der kanadischen Botschaft unterkommen. Niemand in der CIA hat für deren Befreiung einen Plan, bis Agent Tony Mendez (Ben Affleck) mit der "besten schlechten Idee" vorbeikommt. Sein Sohn hat ihn darauf gebracht, mit seiner Begeisterung für den "Planet der Affen": Einen "fake"-Science-Fiction-Film will Tony im Iran inszenieren, mit den sechs Untergetauchten als Crew.

Man kann es kaum glauben, aber dieser Einfall beruht auf Tatsachen, und er gibt Affleck, mittlerweile ein ernst zunehmender Regisseur ("The Town"), die Gelegenheit, mit viel Ironie vorzuführen, wie geschmeidig die Hollywood-maschine einst funktionierte. Star-Produzent Lester Siegel (Alan Arkin) und Make-Up-Spezialist John Chambers (John Goodman) geben sich nämlich nicht mit irgendeinem Fake-Film zufrieden, es soll der "Beste" werden, der niemals gedreht wird. So augenzwinkernd Affleck diese Passagen auch inszeniert, so ernsthaft wird sein Tonfall, als er von der misslichen Lage der verzweifelten Sechs berichtet.

Ästhetisch orientiert sich Affleck, dessen Stilsicherheit beeindruckt, an Politthrillern wie "Die sieben Tage des Kondors". Das verleiht seinem Film einen fast dokumentarischen Charakter. Schade nur, dass ihm bei der Zeichnung der Iraner nur geifernde Schreihälse einfallen. Aber "Argo" kommt ideologisch zur "rechten" Zeit, illustriert er doch, dass man dem Iran mit Pfiffigkeit und Mut gewachsen ist. Egal, ob der Feind auf den Namen Chomeini oder Mahmud Ahmadinedschad hört.

Die Tendenz zum Heroismus fängt Affleck mit der Kritik am fragwürdigen Umgang der USA mit dem Schah auf. Und der Showdown am Flughafen, bei dem die Gewährleistung der Tarnung an jenem einen Anruf hängt, gehört sowieso zum spannendsten was man in den letzten Jahren im Kino gesehen hat.

Kino: Mathäser, CinemaxX, Royal, Leopold (auch OmU), Cinema, Mus. Lichtspiele in OF; R: Ben Affleck (USA, 120 Min.)

 

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.