Die Schöne und der Rüpel

In Disneys 56. abendfüllenden Animationsfilm muss eine patente Prinzessin ihr Inselparadies in der Südsee retten - mit Hilfe eines Rüpels von Halbgott.
von  Andreas Fischer
Erbauliches aus dem Paradies: Die pfiffige Prinzessin "Vaiana" findet in den Weiten des Pazifik ihre Bestimmung und rettet damit ihre Inselwelt.
Erbauliches aus dem Paradies: Die pfiffige Prinzessin "Vaiana" findet in den Weiten des Pazifik ihre Bestimmung und rettet damit ihre Inselwelt. © Walt Disney
Die Götter sind auch nicht mehr, was sie einmal waren. Hängen hilflos auf einer einsamen Insel rum, lassen sich trotzdem gerne feiern und schrecken nicht davor zurück, junge Mädchen in den Ozean zu werfen. Nicht nur deswegen ist "Vaiana", die Titelheldin in Disneys mittlerweile 56. abendfüllenden
Trickfilm , mit allen Wassern gewaschen. Das taffe Mädchen mit den großen Kulleraugen ist, ganz in der Tradition der Weihnachtsfilme
aus dem Haus mit der Maus, eine Prinzessin und kann ziemlich deutliche Ansagen machen. Vaiana lebt im Südpazifik und bringt dem stänkernden Maui, der genau genommen nur ein Halbgott ist, nicht nur Manieren bei, sondern rettet mit ihm zusammen ihre exotische Inselwelt. Eine süße Prinzessin, märchenhafte Kulissen, ein witziger tierischer Sidekick, viel Musik (der deutsche Titelsong kommt von Helene Fischer) und noch mehr erbauliche Botschaften. Mit "Vaiana" hat Disney
das Kino nicht neu erfunden. Dass eine Heldin viele Hindernisse und am Ende vor allem sich selbst überwinden muss: Das kennt man zur Genüge. Aber Weihnachten ohne Prinzessin? Ist eben nur halb so schön. Erst recht, wenn sie wie Vaiana in einem Paradies am Ende der Welt lebt. Das Mädchen soll als Tochter des Häuptlings
der Südseeinsel Motunui eines Tages die Geschicke ihrer Heimat leiten. Eigentlich keine große Aufgabe: Das Leben im Paradies ist ein Selbstläufer. Die Sonne scheint meistens, der Ozean ist freundlich, und die Menschen sind in ihrer abgeschiedenen Welt glücklich. Doch in Vaiana (gesprochen von Lina Larissa Strahl, "Bibi & Tina") schlummert diese Glut, die junge Menschen in sich tragen: Sie will mehr, als die Traditionen ihr zugestehen, sie will ausbrechen, sie will die Welt sehen - über den Tellerrand blicken, der in ihrem Fall ein Riff ist, das die Insel umgibt. Niemand aus ihrem Volk hat es jemals verlassen. Als ihre Insel von unerklärlichen Naturkatastrophen heimgesucht wird, entfacht sich die Glut zum Feuer: Vaiana schnappt sich ein Boot und wagt den Sprung ins kalte Wasser. Sie muss eine uralte Göttin versöhnen, die ziemlich sauer ist, weil ihr von Maui einst das Herz gestohlen wurde. Ausgerechnet dieser Hallodri von Halbgott (gesprochen von Andreas Bourani) mit den rüden Umgangsformen ist Vaianas einziger Verbündeter. Man muss kein Prophet sein, um zu wissen, dass sich das ungleiche Paar zusammenrauft und auf seiner Mission die gefährlichsten Monster besiegt - wobei die größten Dämonen in Vaiana und Maui selbst wohnen. Aber manchmal darf die Story auch einfach sein, wenn das Drumherum liebevoll und witzig inszeniert ist und sich ein Märchentrickfilm auch mal disharmonische Töne erlaubt. Die Welt scheint manchmal ein bisschen aus den Fugen geraten zu sein im Südpazifik, und in den Abgründen lauern düstere Wesen, die keineswegs versteckt werden. Kritische Stimmen mögen bemängeln, dass Disney die Kultur der Polynesier nur als Kulisse für altbekannte Botschaften benutze und respektlos mit ihnr umgehe. Klar: Die exotischen Schauplätze, die unbekannte mythische Welt sind in großen Teilen verantwortlich für den Reiz des Films. "Vaiana" ist die x-te Variation der immer gleichen Themen, mit denen die Disney-Studios seit Jahrzehnten erfolgreich sind. Aber dem Film daraus einen Vorwurf machen? Manchmal muss man die Kirche einfach im Dorf, beziehungsweise die Kokosnuss am Baum lassen. Dann kann man sich nämlich zwei Stunden lang vortrefflich unterhalten lassen.
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