"Die Liebe seines Lebens": Einfach glatt gebügelt

Colin Firth und Nicole Kidman scheitern in „Die Liebe seines Lebens“. Ein komplexes Thema – wie die Überwindung von Traumata – wird banalisiert.
Martin Schwickert |
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Anfang des Jahres hatte bereits Angelina Jolie mit „Unbroken“ die cineastische Aufmerksamkeit auf die brutalen Praktiken in japanischen Kriegsgefangenlagern während des Zweiten Weltkrieges gelenkt. Der Film zeigte basierend auf der Autobiografie die Überlebensgeschichte des Olympialäufers Louie Zamperini im Märtyrer-Format. Die britisch-australische Produktion „Die Liebe seines Lebens“ macht nun dort weiter, wo Jolie aufgehört hat: bei der Bewältigung der traumatischen Erlebnisse.

Colin Firth spielt den britischen Veteranen Eric Lomax, der Jahrzehnte später noch von seinen Erinnerungen an die japanischen Arbeitslager eingeholt wird. Der scheue Eisenbahnfan lernt auf einer Zugfahrt die frühere Krankenschwester Patti (Nicole Kidman) kennen. Aber schon in der Hochzeitsnacht wird Eric wieder von seinen Alpträumen heimgesucht.

In einer Rückblendendramaturgie werden nach und nach die schrecklichen Erinnerungen ins Bild gefasst: Beim Fall von Singapur werden britischen Soldaten zum Bau der berüchtigten Eisenbahnlinie zwischen Thailand und Burma in den Dschungel verschleppt. Dem 21jährigen Funktechniker Eric gelingt es, aus hineingeschmuggelten Teilen einen Radioempfänger zu bauen. Als man das Gerät bei ihm findet, wird er unter Spionageverdacht wochenlang gefoltert.

Als Eric Jahrzehnte später erfährt, dass sein früherer Peiniger auf dem ehemaligen Lagergelände eine Gedenkstätte betreibt, reist er dorthin, um den Mann umzubringen.

So eindringlich die Bilder aus dem Gefangenenlager auch inszeniert sind, erscheint das Vorhaben, sich Rückblende für Rückblende immer tiefer in die Schrecken der Erinnerung vorzuarbeiten, zu simpel. Traumabewältigung ist ein komplexer Prozess, der sich nicht so leicht in eine konventionelle Filmästhetik pressen lässt.

Colin Firth hat zwar schon in „A Simple Man“ und „The Kings Speach“ bewiesen, dass er eine hohe schauspielerische Sensibilität für unterdrückte Emotionen verkapselter Charaktere besitzt. Aber hier wird er zum Gefangenen eines Konzepts, das versucht die Verarbeitung grausamster Kriegserlebnisse mit einer romantischen Liebesgeschichte zu kreuzen.

Dabei erweist sich Nicole Kidman mit ihrer ätherisch-gelifteten Aura als Fehlbesetzung.

Die Verarbeitung von Kriegstraumata und der Versöhnungsprozess zwischen Tätern und Opfern sind damals wie heute Themen von zentraler, gesellschaftlicher Bedeutung. Umso bedauerlicher, dass Regisseur Teplitzky sein hochinteressantes Sujet nicht frei atmen lässt und alle Widersprüche in vorformatierten Erzählsträngen banalisiert.

Kino: Münchner Freiheit sowie Cinema und Museum (OV)
R: Jonathan Teplitzky
(Aus, GB, CH, 107 Min.)

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