Die Frau, die niemals aufgibt - Kate Winslet in "Mare of Easttown"

Kate Winslet begeistert als taffe Polizistin in der tiefgründigen US-Krimiserie "Mare of Easttown".
von  Florian Koch
Kate Winslet als Kleinstadtpolizistin in "Mare of Easttown".
Kate Winslet als Kleinstadtpolizistin in "Mare of Easttown". © picture alliance/dpa/Home Box Office/Sky

Diese Frau ist ein Vulkan, der innerlich Lava spuckt. Bis er dann irgendwann ausbricht. Mit allen tragischen Konsequenzen. So wie in "Titanic", als Kate Winslet alias Rose die Ränkespiele der Oberschicht lange Zeit erduldet, bis Leonardo DiCaprio als junger Mann aus der Unterschicht ihr endlich bei der Entfesselung hilft und dann doch sterben muss. Oder dunkler und oscargekrönt in "Der Vorleser": als eine verschlossene, in ein Jüngelchen verliebte Schaffnerin mit verdrängter KZ-Vergangenheit.

Dieses von außen kaum wahrnehmbare Ringen mit eigenen Abgründen, mit Fremd-, und Selbstekel, spielt in Hollywood kaum jemand besser aus als Kate Winslet. Die Krönung ihrer subtilen Darstellungskunst findet sich nun in der siebenteiligen Krimiserie "Mare of Easttown".

Kate Winslet streift jeden Anflug von Glamour ab

Zwei Jahre hat die Britin an der Rolle der Kleinstadtpolizistin Mare gefeilt. Sich dabei einen US-Akzent (die Serie spielt in der Nähe von Philadelphia) draufgeschafft, auf Make-up und vorteilhafte Kleidung uneitel verzichtet. Nur um auch optisch jeden Anflug von Glamour abzustreifen, der nicht nur ihrer Figur völlig abgeht.

Dieses Easttown, in der die gesamte Serie spielt, wirkt wie eine klassische Durchgangsstation. Ohne Ortskern, mit gesichtslosen Reihenhäusern und einer Bevölkerung, die aus der Provinz nicht wegkommt - genauso wenig wie von den Opiaten, den Drogen. Regisseur Craig Zobel und seinem ortskundigen Autor Brad Ingelsby gelingt es, diese heruntergekommene Gegend nie zu überzeichnen, sich nicht am Elend des Milieus zu weiden. Den verhärmten Figuren begegnet man hier auf Augenhöhe. Was ihre Verhaltensweisen deshalb nicht besser, aber vielleicht nachvollziehbarer macht.

"Mare of Easttown": Schonungslose Direktheit

Mare, mit ihrem raubeinigen Charme, mit ihrer schonungslosen Direktheit hat in Easttown nicht nur Freunde. Denn trotz aller Hartnäckigkeit konnte sie die vermisste Tochter ihrer krebskranken Schulfreundin Dawn (Enid Graham) nicht auffinden. Von einer Lösung ist die sich mit Fertigessen und Bier mehr schlecht als recht versorgende Polizistin auch in der eigenen Familie weit entfernt.

Am Selbstmord ihres ältesten Sohnes ist die Ehe mit Frank (David Denman) zerbrochen, mit der klugen lesbischen Tochter Siobhan (Angourie Rice) spricht sie kaum und mit der um den Haushalt und um den Enkel Drew (Izzy King) bemühten Mutter Helen (Jean Smart) kracht es regelmäßig.

Viel Zeit nimmt sich die Serie, um dieses private Chaos, dieses unbewältigte, Generationen betreffende Trauma realistisch und psychologisch genau aufzuarbeiten. Erst am Ende von Folge Eins schiebt sich der Krimi-Aspekt in das Familiendrama, als die 17-jährige junge Mutter Erin (Cailee Spaeny) nackt im Fluss gefunden wird.

Die bedächtige, fast ohne Verfolgungsjagden auskommende Ermittlungsarbeit gewinnt in der Serie nie die Oberhand, sondern führt eher dazu, dass verschüttete Geheimnisse im Kleinstadtsumpf wieder ausgegraben werden.

Mare bekommt bei der mühsamen Polizeiarbeit auch Hilfe von außen. Doch Detective Colin (Evan Peters) wird von seiner taffen Partnerin schnell in die Schranken gewiesen, bleibt ein gewitzter Stichwortgeber. Erst in

Folge Sechs, als sich die gesellschaftlichen Erschütterungen häufen, bricht der Vulkan Mare aus, schreit er die inneren Qualen endlich heraus. Eine unvergessliche schauspielerische Explosion, die nur kurz anhält, bis Mares Magma wieder erkaltet. Die Ermittlungen müssen ja weitergehen. Bis zum bitteren Ende.

Immer freitags ab 20.15 Uhr auf Sky Atlantic oder auf Sky Ticket

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