„Die fast perfekte Welt der Pauline“: Fremde Betten

Wie ein Unglück Glück schaffen könnte: „Die fast perfekte Welt der Pauline“ mit Isabelle Carré
von  Margret Köhler
Animiert auch uns Zuschauer: Isabelle Carré.
Animiert auch uns Zuschauer: Isabelle Carré. © Neue Visionen

Eigentlich ist die 39-jährige Pauline eine ziemliche Nervensäge. Auf Zetteln bietet sie an Laternenpfählen Gitarrenunterricht an, arbeitet in der Not auch als „Stimmungskanone“ auf Kindergeburtstagen, oder bespaßt Senioren, die bei Kaffee und Kuchen die Zeit totschlagen wollen. Hauptsache, es kommen ein paar Euro in die Kasse.

Und dann passiert‘s: Auf dem Weg als Darth Vader verkleidet von einem Kinderfest zum Altenzentrum verfährt sie sich, und der nette junge Mann, den sie nach dem Weg fragt, fällt beim Anblick des „Star Wars“-Wesen in die Müllgrube. Sie ruft noch den Krankenwagen und verschwindet schnell zu ihrem Auftritt. Als sie durch die Zeitung erfährt, dass der arme Typ im Koma liegt, besucht sie ihn täglich.

Die verschrobene Komödie unterhält vor allem durch die tollpatschige Träumerin, dargestellt von einer wunderbar verhuschten Isabelle Carré („Die anonymen Romantiker“‘) die manchmal wie somnambul durch die Handlung surrt, immer etwas zu nervös und zu schusselig, zu charmant un zu lächelnd ob der konfusen Situation, die immer wieder neue Lügengespinste erfordert.

Aber das passt zu ihrer permanenten Flucht aus der Wirklichkeit, der sie sich am Ende eben doch stellen muss. Erst treibt sie das schlechte Gewissen ins Krankenhaus, dann nistet sie sich langsam im Leben des Fremden ein, übernimmt erst seinen Job in der Musikschule, kümmert sich um seinen Hund und zieht dann sogar in seine Wohnung. Alles perfekt. Schwierig wird es, als der Unglückswurm wieder erwacht.

Die Heiterkeit verliert sich nach und nach, der Reiz der Situationskomik verläuft sich, aber Carré nimmt man diese von Zweifeln und Unsicherheit geplagte Figur ab, vielleicht weil sie sich selbst lange schrecklich ungeschickt und schüchtern empfand und ihr die Rolle auf den Leib geschrieben ist.

Ohne ihre umwerfende Hauptdarstellerin wäre Marie Belhommes durch seltsame Handlungssprünge nicht gerade glaubwürdiges Regiedebut wohl nicht so herzerfrischend sympathisch. Dass eine romantische Love-Story ausgerechnet an einer Müllkippe beginnt, ist jedenfalls nicht alltäglich.


Kino: Arena, Rottmann
R: Marie Belhomme (F, 80 Min.)

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