Die AZ-Kritik zum neuen Kinofilm "Love & Friendship" mit Kate Beckinsale
Der unvollendete Briefroman „Lady Susan“ gehört zu den frühesten Werken Jane Austens, wurde aber erst nach ihrem Tod veröffentlicht. Mit seiner ganz und gar unromantischen Herangehensweise sowie einer bitterbösen Zentralfigur ist er untypisch für romantische Literatur und für Austen selbst. Whit Stillmans hat den Stoff unter dem Titel „Liebe & Friendship“ für das Kino aufbereitet.
Seit dem frühen Tod des Ehemannes sind Lady Susan (Kate Beckinsale) und ihre Tochter (Morfydd Clark) auf die Unterstützung der weitläufigen Verwandtschaft angewiesen. Ein Anwesen in Langford mussten die beiden gerade verlassen, weil die attraktive Witwe ein wenig zu offensichtlich mit dem verheirateten Hausherren geflirtet hat. Und so geht es nach Churchill zu Schwägerin (Emma Greenwell) und Bruder (Justin Edwards), die etwas befremdet sind über ihre unverhoffte neue Dauergastgeberrolle. Lady Susan setzt alles daran, für sich und ihre Tochter eine gute Partie ausfindig zu machen. Für die Tochter genügt ein strohdummer, aber stinkreicher Mann. Sie selbst wickelt erst einmal den Bruder ihrer Gastgeberin um den Finger – weitere Optionen nicht ausgeschlossen.
Ein Jane-Austen-Film, wie man ihn noch nicht gesehen hat
Lady Susan ist eine Frau, wie man sie in einem Jane-Austen-Film noch nicht gesehen hat: hochintelligente, fantasievolle Intrigantin, lieblose Mutter, versierte Lügnerin, die die Mechanismen der besseren Gesellschaft genau kennt. Keine langweilige Sympathieträgerin also, sondern eine schillernde, bösartige Gestalt, die den Herzschlag dieses Kostümfilms bestimmt.
Regisseur und Drehbuchautor Whitman schwelgt in scharfzüngigen Dialogen, die vor allem die patriarchalen Machtstrukturen lustvoll unterminieren. „Zu alt, um ihn herumkommandieren zu können, und zu jung, um bald zu sterben“, kommentiert Lady Susan sarkastisch die Partnerwahl einer Freundin.
Aber auch wenn die gedrechselten Drehbuchzeilen mit pointierter Scharfzüngigkeit auf das Publikum niederregnen, liegt in der Wortverliebtheit doch ein Problem. Über weite Strecken fühlt sich „Liebe & Friendship“ wie ein teuer kostümiertes Hörspiel an. Im Vergleich etwa zu Joe Wrights Verfilmung von „Stolz und Vorurteil“ hat diese Austen-Adaption in visueller Hinsicht nur Kleiderpracht. Die Kameraarbeit (Richard Van Oosterhout) bleibt seltsam ungelenk, Schrifteinblendungen wirken wie angestrengte Auflockerungsversuche und die seltenen Außenaufnahmen bilden keinen Kontrast zur gefühlten Enge der Teesalons und Ankleidezimmer. Aber wer sich von der beeindruckenden Sprachgewalt und scharfsinnigen Analysefähigkeit der jungen Jane Austen überzeugen lässt, ist hier gut aufgehoben.
Kino: Monopol, Münchner Freiheit, Rio, City
Regie: Whit Stillman (IRL, NL, F, 93 Min.)
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