Die AZ-Filmkritik zur Dokumentation Cartel Land über Drogen in Mexiko

Man muss es sich während des Films immer wieder klarmachen: Hier ist nichts gestellt, wenn Matthew Heineman in „Cartel Land“ die Kugeln um die Ohren fliegen, dann nicht aus cineastischer Spannungssteigerung, sondern weil der amerikanische Dokumentarfilmer sich tiefer in den mexikanischen Drogenkrieg begibt als jeder Journalist. Kein Wunder, dass Heinmann zahlreiche Preise erhielt und für den Oscar nominiert wurde.
Zwei Protagonisten stehen im Zentrum dieses überaus beeindruckenden Films: Der Ex-Soldat Tim „Nailer” Foley, der nach überwundener Drogensucht mit gleichgesinnten Bürgern einen Grenzabschnitt in Arizona in Eigenregie bewacht. Weil sie ihrem Staat einfach nicht mehr vertrauen. Zweiter „Hauptdarsteller“ ist der ehrenwerte Arzt Dr. Mireles, der in Mexiko eine Bürgerwehr organisiert hat, die sich den Todesschwadronen der mächtigen Drogenkartelle in den Weg stellt. Die „Autodefensas“ versuchen verzweifelt, wieder eine bürgerliche Rechtsordnung in den Dörfern herzustellen, die sie vom Einfluss der Banden zu säubern versuchen. Das ist nicht so einfach, schließlich bieten die Kartelle Hunderttausenden von Menschen eine bezahlte, illegale Arbeit.
Doch im Laufe des Films wird auch zu Heinemans eigener Enttäuschung klar, Mireles ist nicht die Lichtgestalt, als die er sich gibt. Die Grenzen zwischen Gut und Böse sind nicht so leicht zu ziehen wie ein Zaun.
Heinemans Film über Selbstjustiz auf beiden Seiten der Mauer ist spannender als jeder Mafia-Thriller. Wer diesen Film gesehen hat, wird die blutigen Meldungen aus Mittelamerika künftig mit ganz anderen Augen betrachten. Und Trumps Mexikopolitik sowieso.
Werkstattkino
Regie: Matthew Heineman, USA, 104 Min