Diese finnische Legende wirkt wie ein Boxer, der eigentlich eher Bäcker ist. Skandinavisches Understatement in einer sehr schönen Form bietet "Der glücklichste Tag im Leben des Olli Mäki".Claudia Nitsche
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Camino Filmverleih Schafft es Olli Mäki (Jarkko Lahti) rechtzeitig in Form zu kommen?
Olli Mäki (Jarkko Lahti) ist gelernter Bäcker und recht schmächtig, dafür, dass er ein Boxer
sein soll. Man hat reichlich Gelegenheit, sich diesen Mann genauer zu betrachten, zu beobachten, wann sich der verkniffene Ausdruck um seine Lippen löst und wie der Herr so tickt, der 1962 ein wenig Ruhm nach Finnland bringen soll. So der Plan seines Boxmanagers, der den kleinen Mäki als Herausforderer sieht für den
Weltmeister im Federgewicht. Ring frei für "Der glücklichste Tag im Leben des Olli Mäki". Das Federgewicht mit seinen unmännlichen 57 Kilogramm als Obergrenze spielt eine, nun, schwerwiegende Rolle in diesem melancholischen Sportfilm. Aus Kalkül hat der Manager
(Eero Milonoff) Mäki in einer Gewichtsklasse unter der seinen ins Rennen geschickt und damit herrscht im Film ein Thema vor, das normalerweise in
Frauenzeitschriften weit vorne ist, das Gewicht. Dass das bei ihm nun etwas höher liegt, als die Wettkampfstatuten vorschreiben, interessiert den bodenständigen Olli nicht so, wie es sollte. Und auch sonst macht der Boxer
nicht gern Aufhebens um seine Person, ist nicht mal an aggressivem Schaulaufen interessiert. Seine Freundin Raija (Oona Airola) ist ziemlich cool und lässt sich weder beeindrucken noch einschüchtern von dem ganzen PR-Wirbel, den
Manager Elis veranstaltet. Ganz offensichtlich zieht er selbst großen Nutzen aus einem möglichen Sieg Ollis gegen Weltmeister Davey Moore (John Bosco Jr.). Vielleicht braucht er diesen Kampf sogar dringender als alle anderen Beteiligten. Olli trainiert mit seinem Manager
und wohnt auch bei dessen Familie. Dass er Raija mit nach Helsinki gebracht hat, findet der Chefcoach, der finanziell in der Klemme steckt, bedenklich und eher kontraproduktiv. Denn Olli Mäki scheint weniger beim Treffen des Gegners zu sein als beim nächsten mit seiner Liebsten. So richtig interessiert ihn dieser Kampf gar nicht. Doch Olli merkt, welche Probleme sein Mentor und Freund hat. Und es stellt sich die Frage, wie sehr man sich für die Probleme anderer Leute verantwortlich fühlt. Der finnische Oscar-Beitrag, für den das Rennen um den Auslandsoscar bereits gelaufen ist, ist ein reizender Schwarzweißfilm, der nordisch unaufgeregt seine Geschichte erzählt. Die nostalgische
Farbgebung passt zu den Werten, von denen dieses wahre Märchen mithilfe von echten Menschen berichten möchte. Auf angenehme Weise seziert Regietalent Juho Kuosmanen mit großer Selbstverständlichkeit und visueller Selbstsicherheit die Gegenläufigkeit des Lebens, die Pläne, die wir machen und die Dinge, die stattdessen passieren. Die Hauptdarsteller Lahti und Airola bleiben als Paar und jeder für sich bei ihrem Understatement und bieten doch intensiv authentisches Spiel. Umso erstaunlicher, da Olli Mäki durchaus stoischer Finne ist und nicht zu Gefühlsausbrüchen neigt. Dennoch wirkt der Film, dem das Scharzweiß gut tut wie lange keinem Werk, wie der verspätete Weihnachtsfilm aus dem hohen Norden, wo Gefühle nichts mit Kitsch zu tun haben und jederzeit Raum bleibt für die Dinge, die im Leben passieren, zum Beispiel die Probleme der Mitmenschen
, die plötzlich auch dich tangieren. Nebenbei fokussiert Kuosmanen seine kritische Haltung zu medialem Wirbel, macht mit charmanter Leichtigkeit deutlich, wie albern der ganze Quatsch vom Ruhm ist. Obwohl sich nicht allzu viel ereignet, zeigt der Film, wie es geht, dennoch einen Spannungsbogen zu finden und den Zuschauer dafür zu interessieren, was hier passiert. Schon bei Visiten beim Münchner Filmfest und in Cannes zeigte der Film, wie wunderbar nebensächlich man von der schönsten Nebensache der Welt erzählen kann. Ohne zu vergessen, dass die Liebe nicht das Einzige ist auf der Welt.