Kritik

"Der Nachname" im Kino: Laue Lüftchen auf Lanzarote

Nach "Der Vorname" und "Contra": Sönke Wortmanns "Der Nachname" misslingt als bemüht konstruierte Komödie ohne Spielraum.
von  Adrian Prechtel
Alle Talente versammelt, ohne dass es zündet: Das bekannte Ensemble in "Der Nachname".
Alle Talente versammelt, ohne dass es zündet: Das bekannte Ensemble in "Der Nachname". © Olczyk Jurgen / Constantin

Von 1,2 Millionen Zuschauern können deutsche Filme - abegesehen von Kinderfilmen oder Eberhofer-Krimis - nur noch träumen. Dabei hatte "Der Vorname" von Sönke Wortmann 2018 noch dieses fantastische Einspielergebnis - zu Recht!

War es doch gelungen, die erfolgreiche französische Vorlage "Le prenom" intelligent, witzig ins bürgerlich deutsche Milieu mehr als nur zu übersetzten - spitzenbesetzt mit Iris Berben als Dorothea, die Lockerste und Matriarchin der Familie Böttcher und Florian David Fitz als Erfolgssohn. Caroline Peters gab seine Schwester, Christoph Maria Herbst den Bildungsbürger-Spießer, der in die Böttcherfamilie eingeheiratet hat.

Justus von Dohnányi war ein alter Freund der Familie - und am Ende platzt nach vielen Turbulenzen und Entlarvungen die Bombe: Dieser René, den alle für schwul hielten, ist der Neue von Mama (eben Berben).

"Der Nachname": Alle Probleme, Reibereien und Eifersüchteleien sind mit im Gepäck

Anscheinend hat man gedacht: "Never change a winnig team" - und die turbulente Familiengeschichte versucht, weiterzuerzählen. Man will jetzt - zwei Jahre später - auf der Familienfinca auf Lanzarote einen friedlichen Familienurlaub verbringen. Nur: Von sich selbst kann man nicht verreisen. Also sind alle Probleme, Reibereien und Eifersüchteleien mit im Gepäck.

Und weil Kindheitserinnerungen als besonders sensibles Feld verteidigt werden müssen, stößt schon einmal auf, dass nichts mehr so ist wie es war, weil René es sich mit Dorothea hier ein neues Leben eingerichtet haben. Soweit so gut, aber dann verlässt diese Komödie jeder Geschmack und Sinn fürs Komische, das zwar überzeichnet sein darf, aber eben nicht albern und unglaubwürdig.

Es geht um späte Heirat und Nachnamenswechsel, was völlig untypisch für die Ex-Hippie Dorothea ist. Dann kommt noch die Idee einer Leihmutterschaft für Dorothea (68) ins Spiel, die mit René ein Kind will. Eine schöne junge spanischen Lesbe soll das Kind austragen. Das alles ist furchtabr bemüht, überkonstruiert und zündet so nicht. Und weil sich keine der Figuren entwickelt oder neue Facetten zeigen darf, ist der Film ohne jeglichen originellen Reiz, sondern ein schlechte Aufguss.

Französische Komödie als Vorbild: Kann der deutsche Film zur Zeit intelligent und amüsant?

Genau vor einem Jahr hat Christoph Maria Herbst zusammen mit Nilam Farooq in der Komödie "Contra" gespielt. Regie: Sönke Wortmann! Sie hatte nicht nur Witz, sondern auch Ernsthaftigkeit und war aufrüttelnd modern. Es war - inmitten der Pandemie - ein großer Kinoerfolg. Dahinter stand wiederum eine gelungene französische Komödie als Vorbild. Was den Zweifel nährt, ob der deutsche Film zur Zeit zu intelligenten, amüsanten Höhenflügen noch in der Lage ist.


Kinos: ABC, Arri, Astor im Bayerischen Hof, Cinemaxx, Gloria, Solln, Mathäser, Rex, Rio, Royal; Regie: Sönke Wortmann (Deutschland, 87 Minuten)

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