Der mit dem Wolf heult

Jean-Jacques Annauds faszinierende Geschichte über den Konflikt zwischen Mensch und Natur: „Der letzte Wolf“. Ein Student soll Nomaden das Lesen beibringen und ist über das friedliche Zusammenleben von Wolf und Hirte erstaunt. doch dann will die Regierung die Wölfe ausrotten.
von  Margret Köhler

China 1967, ein Jahr nach Beginn der Kulturrevolution: chinesische Siedler okkupieren in der Inneren Mongolei den Lebensraum von Nomanden. Ein Student aus Peking soll ihnen Schreiben und Lesen beizubringen, um sie sesshaft zu machen und wundert sich über das friedliche Zusammenleben von Hirten und Wölfen trotz deren Raubzüge. Das fragile Gleichgewicht gerät in Gefahr, als die Regierung befiehlt, die Wölfe auszurotten.

Der junge Mann rettet einen Wolfswelpen und zieht ihn heimlich auf, während die Wölfe ihrer natürlichen Jagdgründe zunehmend beraubt, in die Siedlungen ein- und über die Schafe herfallen. Auftakt zur blutigen Jagd auf die verehrten und gefürchteten Tiere.

Jean-Jacques Annaud („Der Bär“, „Zwei Brüder“) schafft großes bei dieser abenteuerlichen Reise in 3D in eine archaische Welt. Basierend auf dem erfolgreichsten chinesischen Buch „Der Zorn der Wölfe, von Lü Jiamin vor gut zehn Jahren unbehelligt von der Zensur veröffentlicht, erzählt er vom Kampf um mythische Traditionen und intakte Natur, von Respekt und Freundschaft zwischen Mensch und Tier – subtil und etwas romantisierend, aber eben nie zu vermenschlichend.

Auf der anderen Seite steht die Verantwortungslosigkeit der neuen Bewohner, die in ihrer Ausbeutungswut die Schönheit der Natur unwiederbringlich zerstören, das Herz der Wildnis zum Stillstand bringen wollen.

 

Atemberaubende Bilder, riesiger Aufwand

 

Annaud drehte ein Jahr an den Originalschauplätzen, zeigt den Zusammenprall von mongolischer Lebensweise im Einklang mit der Umwelt und den auf wirtschaftlichen Profit fixierten chinesischen Apparatschiks, die eine menschliche und ökologische Katastrophe auslösen. Annaud macht gesellschaftlichen Konflikte deutlich, die Folgen von Maos Expansionspolitik. Atemberaubende Bilder zum Sattsehen. Wenn Wölfe chinesische Militärpferde in einen vereisten See hetzen, wo diese am Ende wie in einem surrealen Traum starr aus dem Eis ragen oder der letzte Wolf mit stolzem Pathos als Symbol der Freiheit gen Himmel heult, dann kann man nur noch staunen. Nur 15 Einstellungen von 250 sind computergeneriert, der Rest ist „echt“. So dauerte es manchmal Tage, bis eine Szene im Kasten war. Riesigen Aufwand erforderte die Arbeit mit den Tiertrainern, denn der Wolf bleibt doch letztlich ein wildes und unberechenbares Wesen – Gott sei Dank.

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