Denker 007: Rami Malek ist der neue James Bond in "The Amateur"
Wie in eine Wohnung einbrechen, wenn die Zeit drängt, aber das Wissen fehlt? Die Lösung für jeden Hobby-Verbrecher lautet: Das Internet! Heller (Rami Malek), der (Anti)Held des Spionagefilms "The Amateur" arbeitet sich an einem Türschloss in einer Schlüsselszene mit Draht und Nadel ab, während er parallel unter Hochdruck ein Einbrecher-Lehrvideo verfolgt. So also geht Learning by Doing für digital geschulte Kriminelle.
Originell rationaler, neuer Agententyp im Actionfilm "The Amateur"
Die absurd komische Sequenz steht exemplarisch dafür, was der Film von James Hawes anders machen will als gängige Spionage-Actionthriller der Marke "Bourne Identität". Hier haben wir es endlich einmal nicht mit einem Agenten zu tun, der mit körperlicher Härte und Geschick seine Gegner flachlegt. Nein, dieser Heller funktioniert, als hätte sich der Whistleblower Edward Snowden über Nacht in James Bond verwandelt.
Ein schmächtiger Denker wie er landet zwar mit keiner Kugel Treffer, ist mit dem Kopf aber wie ein Schachspieler seinen Gegnern mehrere Züge voraus. Im Kontrast zu dieser originell rationalen, neuen Agenten-Type steht jedoch seine simple, rein emotionale Motivation.

Heller, ein introvertierter Daten-Analyst, der tief im Keller des CIA-Hauptquartiers seine Programmier-Arbeit verrichtet, muss schmerzlich erfahren, dass seine Frau (Rachel Brosnahan) bei einem Terrorakt in London ums Leben kommt. Die Killer, angeheuerte Söldner, kennen hier alle. Ermitteln will aber keiner, um ja die Terror-Netzwerk-Spionage nicht zu gefährden.
B-Picture-Küchenpsychologie
Und so denkt Heller, dieser zarte wie smarte Kopfmensch, als wäre er plötzlich Charles Bronson, sofort an Selbstjustiz, um ihren Tod zu rächen. Diese plumpe B-Picture-Küchenpsychologie fängt mit seinem nuancierten Spiel jedoch Oscarpreisträger Rami Malek auf, der hier seine Hacker-Rolle aus der Kultserie "Mr. Robot" geschickt variiert.
Wie Heller, dieser "Niemand", von allen CIA-Alphatieren allein aufgrund seiner Physiognomie und mangelnden Erfahrung unterschätzt wird, macht ihn für seine Gegner nur unberechenbarer und für die Zuschauer spannender.

Vorsichtig gießt der klassisch erzählte, ohne übertriebene Action auskommende Thriller auch ein wenig Kritik am Gebaren der CIA in seinen "Ein Mann sieht rot"-Plot. Heller werden von Hackern Dokumente zugespielt, die beweisen, dass seine allesamt männlichen Chefs an brutalen Drohnen-Angriffen beteiligt waren, die jegliche Rücksicht auf die Zivilbevölkerung vermissen ließ.
Nun hat dieser Heller also ein Druckmittel und wird bei seiner Vendetta quer durch Europa vom ganzen CIA-Apparat, darunter auch sein undurchsichtiger Ausbilder (Laurence Fishburne), gejagt.

Zu gerne würde Malek, der auch als Produzent agiert, diese Adaption des Kalter-Kriegs-Bestsellers von Robert Littell seriell fortführen. Ob das zuletzt auf effektheischende Action gepolte Blockbuster-Publikum aber bereit ist für einen Denker 007, der lieber mit Datensätzen als mit Patronenkugeln ins Gefecht zieht, bleibt abzuwarten.

Kino: Astor im Arri, Cinemaxx, Solln, Leopold, Mathäser, Rex
sowie Cinema (OV)
R: James Hawes (USA, 122 Min.)
- Themen:
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- Mörder