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Der große Widerspruch
Von der guten Idee zur Unterdrückung: Die Widersprüche der DDR zeigt das tragikomische Kammerspiel "In Zeiten des abnehmenden Lichts" an einer Familie auf.
von Maximilian Haase
Die Familie schart sich um einen, man wird fürs Lebenswerk bewundert und insgeheim glauben manche Gäste, dass es langsam mal gut ist: Wenn Opa 90 wird, ist das etwas Besonderes. Umso mehr, wenn wir uns in der DDR des Jahres 1989 befinden, Opa
ein alter SED-Funktionär ist und das Land, für das er einst kämpfte, kurz vor dem Zusammenbruch steht, während die fluchtwilligen
Enkel diesen Kollaps herbeisehnen. Im Zusammentreffen dreier DDR-Generationen zu Opas Geburtstag zeigt das Drama "In Zeiten des abnehmenden Lichts" das historische Dilemma auf: Von der guten humanistischen Idee, die dogmatisch umgesetzt wurde; vom kleinbürgerlichen Autoritarismus, der die Kinder
entweder fraß oder vertrieb. Als kurzweiligem Kammerspiel gelingt es der prominent besetzten Bestseller-Adaption, sich jener bitteren Realität deutscher Geschichte tragikomisch zu nähern. Vielleicht liegt es daran, dass
Bruno Ganz Schweizer ist. Gern lässt man den 76-Jährigen hierzulande - gelinde gesagt: schwierige - Rollen aus der deutschen Geschichte übernehmen. Von seinem Hitler in "Der Untergang" kommt er bis heute nicht weg; im "Baader-Meinhof-Komplex" gab er einen tollen Horst Herold
. Nun also einmal über die Mauer hinweg, in jenes andere Deutschland, von dessen großem Drama "In Zeiten des abnehmenden Lichts" aus Sicht einer
Familie erzählt. Ganz spielt in der Adaption des preisgekrönten Bestsellers von Eugen Ruge den alten Patriarchen, der im Frühherbst des geschichtsträchtigen Jahres 1989 in Ost-Berlin seinen 90. Geburtstag feiert. Wilhelm, so sein Name, hat sich um die Revolution, den Sozialismus, die DDR
sein Leben lang verdient gemacht: Erst als Widerstandskämpfer gegen die Nazis, dann im Exil in Mexiko, dann als einer der Idealisten, die das neue Land aufbauten. Doch so, wie das Leben des respektierten SED-Funktionärs langsam zu Ende geht, zerfällt auch der Arbeiter-und-Bauern-Staat, an dem der noch immer überzeugte Stalinist verbittert festhält. Regisseur
Matti Geschonneck ("Boxhagener Platz") und Drehbuchautoren-Legende Wolfgang Kohlhaase ("Als wir träumten") gelingt es hervorragend, jenen großen Widerspruch in Wilhelms Leben, der zugleich der große Widerspruch der DDR
war, als Geburtstagskammerspiel umzusetzen. So schart der Urgroßvater in der schicken Funktionärsbonzenvilla alle um sich: Seine offensichtlich nicht ganz so geliebte Frau Charlotte (Hildegard Schmahl), die aus großbürgerlichem Hause stammt und als feine Dame entgegen aller DDR-Maßgaben das Proletariat insgeheim verachtet. Seinen Stiefsohn Kurt (Sylvester Groth), der in Sibirien für viele Jahre in sowjetischer Gefangenschaft war, seither sein gesamtes erwachsenes Leben im Sozialismus verbrachte und die Zeichen der Zeit im Gegensatz zu seinem Vater nicht ignoriert. Zudem die russische Schwiegertochter, seine Parteifreunde, Volkspolizisten und die obligatorischen Pioniere, die ihm ein kleines Ständchen bringen. Am auffälligsten aber ist jener, der fehlt: Wilhelms Enkel Sascha (Alexander Fehling) flüchtete in der Nacht zuvor in den Westen, was seine Frau Melitta (Natalia Belitski) noch zu überspielen versucht. Doch ebenso wie die DDR längst ohne Hoffnung mehr ist, zerfällt in der unterhaltsamen Tragikomödie auch die Fassade der vorbildlich sozialistischen Familie. Die drei Generationen von Wilhelm, Kurt und Sebastian trennt die Sichtweise auf einen Staat, der für sie je nach Standpunkt Idealvorstellung, pragmatische Realität oder unerträgliche Bürde ist. Diese komplexe Gemengelage aus Historie, Familie und subjektiver Erfahrung in der Beiläufigkeit einer Geburtstagsfeier zu erzählen, ist ein gewagtes Unterfangen, das der Romanadaption eindrücklich gelingt. "In Zeiten des abnehmenden Lichts" überzeichnet seine Charaktere liebevoll; selbst Wilhelms stures Beharren auf einem längst kaputten Staatssozialismus wird angesichts seiner Geschichte nachvollziehbar. Der Film, der auf der Berlinale gezeigt wurde, schafft dadurch etwas eigentlich recht US-amerikanisches, das man seit "Goodbye Lenin" im deutschen Kino nicht mehr gesehen hat: Historische Tragik und persönliche Dramen ernst zu nehmen, doch zugleich das Komische, das Alltägliche und Absurde daran zu würdigen.
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