"Der gestiefelte Kater 2": Wenn der Held seine Krallen einfährt

Platzende Singvögel, Märchenbücher als Klopapier-Ersatz und Protz-Schlösser in Form schäbiger Konsumtempel: 20 Jahre ist es her, als der sympathische Oger Shrek dem Disney-Imperium seinen frech animierten Stinkefinger zeigte. Geblieben von der Shrek-Sause aus dem Hause Dreamworks ist neben schlappen Fortsetzungen indes eine fidele Nebenfigur: Der gestiefelte Kater.
Elf Jahre später kehrt der Held auf vier Pfoten zurück
Elf Jahre nach seinem ersten Solo-Auftritt kehrt der von Mantel-und-Degen-Abenteurern wie Douglas Fairbanks Jr. oder Errol Flynn inspirierte Held auf vier Pfoten zurück. Vom Tatendrang früherer "Shrek"-Auftritte ist jedoch wenig übriggeblieben.
Nach einem virtuosen Husarenritt zu Beginn, als der gestiefelte Kater gewohnt selbstherrlich-elegant einen Riesen schrumpft, fällt ihm doch glatt eine Kirchenglocke auf den Kopf. Und auch wenn Katzen bekanntermaßen neun Leben besitzen, bleibt es hier bei der Erkenntnis, dass der im Original von Antonio Banderas so wunderbar überheblich mit spanischem Akzent gesprochene Filou bereits acht achtlos verschwendet hat.
Tollkühner Kater, bittere Läuterung
Wie ihm das passieren konnte zeigt Regisseur Joel Crawford ("Die Croods") in einer wunderbar überdrehten Montage, in der auch die Schellfisch-Allergie des pelzigen Helden eine entscheidende Rolle spielt.
Für den Film zur Folge hat die ernste Gefährdung des einst so tollkühnen Katers eine bittere Läuterung, die etwas angestrengt moralinsauer daherkommt. Für Kinder unter acht Jahren dürfte auch der Auftritt des Tods in Form eines geifernden, rotäugigen Wolffs, bewaffnet mit zwei scharfen Sicheln, wohl etwas zu viel des Guten bzw. Bösen sein.
Viele Schurken, die alle nach einem Wunschstern suchen
Überhaupt mangelt es in "Der gestiefelte Kater 2" nicht an Schurken. Ob ein gemobbtes Riesenbaby mit Topfhaarschnitt oder ein gar nicht zartes Goldlöckchen mit Bärenbande: Sie alle suchen in einem schwarzen Wald, der sich später als bonbonbunt herausstellt, nach einem Wunschstern, der ihnen, den Außenseitern, kurzfristig das große Glück, oder im Falle des gestiefelten Katers wieder neun Leben, verspricht.
Neue und alte Weggefährten
Im Stil eines cool stilisierten Italo-Westerns hat Crawford diese Reise inszeniert, in der die halsbrecherisch schnell geschnittene Action mit neuen (der selbstlose Pinscher Perro) und alten (eine beleidigte Kitty Samtpfote) Weggefährten aber nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass hier ein leicht narzisstischer Freigeist für den großen, angepassten Kinomarkt domestiziert wird.
Es bleibt wenig vom widerborstigen Charakter der Hauptfiguren übrig
In Zeiten, in denen gerade in Kinderfilmen eine fast demütige Selbstlosigkeit und kreuzbraver Gemeinsinn eingefordert wird, so dass am Ende nur noch wenig vom charmant widerborstigen Charakter der Hauptfiguren übrigbleibt, dürfte der ein oder andere Nostalgiker sich an die schrecklich-schönen Dreistigkeiten eines Shrek zurücksehnen.
Kino: Cadillac, Cinemaxx, Leopold, Mathäser, Neues Rex, Solln, Royal sowie Cinema, Museum Lichtspiele (OV)
R: Joel Crawford, Januel P. Mercado (USA, 100 Min.)