Der Film "Le Weekend": Wie haben immer noch Paris - oder lieber uns?

Großes Kinovergnügen: Jim Broadbent und Lindsay Duncan als verkrachtes, tolles Paar im Film „Le Weekend“
Michael Stadler |
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Großes Kinovergnügen: Jim Broadbent und Lindsay Duncan als verkrachtes, tolles Paar im Film „Le Weekend“

Im Laufe ihrer Ehe haben sich Nick und Meg Burrows in ihrem Verhalten angeglichen. Da sitzen sie in einem Pariser Bistro nebeneinander und lesen Zeitung, in ihren Bewegungen teils parallel, was komisch für den Betrachter aussieht und schön ist in seiner Eintracht – hier hat sich was eingespielt–, vielleicht aber auch tragisch: Hier ist etwas eingefahren. Und eingeschlafen: die Libido, zumindest bei Meg. Und wenn die beiden streiten, was sie oft tun, dann so offen und direkt, wie es nur ein Paar kann, das eine lange Lebensstrecke zurückgelegt hat.

Le Weekend in Paris als Flitterwochen-Erinnerung

Für ein Wochenende fahren die beiden Senioren aus Birmingham nach Paris, wo sie vor dreißig Jahre ihre Flitterwochen verbrachten. Paris, die Stadt der Liebe, sie zeigt sich in „Le Weekend“ von ihrer nüchternen Seite. Es herrscht Geschäftigkeit in den Hotels, Bars und Restaurants. Vielleicht haben die teuren Mieten Paris die Romantik ausgetrieben, die Nick und Meg eigentlich suchen. Aber das Problem steckt auch in ihren Köpfen, gleich am Anfang, wenn sie das Hotel von damals aufsuchen und es in seinem baufälligen Zustand nicht den Vorstellungen von Meg entspricht. Sie will Luxus, sie will einen Neuanfang, während Nicks Knauserigkeit sich als durchaus berechtigt erweist.

Wegrennen vor Problemen, die aber da bleiben

Denn nebenbei erzählt „Le Weekend“ von finanziell prekären Verhältnissen, die nicht nur den Sohn, per Telefon anwesend, plagen, sondern auch den Eltern drohen – Nick wird seiner Frau davon in Paris erzählen. In England wartet also vermutlich ein Drama im Stil des social realism auf die beiden. Schriftsteller Hanif Kureishi ist ein Spezialist dafür. Er arbeitet hier zum dritten Mal mit Regisseur Roger Michell zusammen, schrieb das Skript für einen Film, der eben doch in Paris spielt und ein wenig von der Nouvelle Vague träumt. Nick und Meg rennen gerne mal vor Problemen weg, sehr heiter, und so findet der Film seinen Drive zwischen Frustration und Leichtigkeit, führt zu einem Diner bei einem alten Freund Nicks. Jeff Goldblum spielt diesen Amerikaner in Paris, verehrt von seiner jungen, schwangeren, französischen Frau. Jim Broadbent als Nick wirft auch mal einen längeren Blick auf eine Französin. Und Lindsay Duncan als Meg, so verbittert, so klug, so verführerisch, bekommt ein unmoralisches Angebot. Sie sind ein trauriges, komisches, rührendes Paar, von dem Paris noch einiges lernen kann.

Kino: Eldorado, Münchner Freiheit, Neues Arena (dt. und OmU) R: Roger Michell (GB, 93 Min.)

 

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